Lex Koller Ahoi

Jacqueline Badran, Nationalrätin ZH

Jacqueline Badran, Nationalrätin ZH
Willkommen wieder an Bord, Lex Koller. 2007 wollten noch alle Parteien (ausser die Schweizer Demokraten) und sämtliche denkbaren Verbände (ausser Pro Natura) die Lex Koller über Bord werfen. Gestern – nach sechsjähriger Reise – hat der Bundesrat die Botschaft zur Abschaffung der Abschaffung verabschiedet. Und das ist sehr gut so. Lex Koller Ahoi.

Die Lex Koller ist ein kluges, richtiges und mächtiges Gesetz. Klug, weil sie Immobilien und Boden vor zusätzlicher Spekulation bewahrt. Richtig, weil sie den Erwerb von Immobilien an den Steuersitz und Lebensmittelpunkt (und nicht etwa an den Pass!) bindet. Mächtig, weil sie wirksam die Nachfrage nach Immobilien dämpft und damit Immobilienpreise und Mieten schützt.

Noch vor sechs Jahren wollten Bundesrat, Parlament, Parteien und Verbände die Lex Koller abschaffen. Das Gesetz sei ein alter Zopf, der abgeschnitten gehöre. Schliesslich hätte es gegen den überbordenden Zweitwohnungsbau nichts bewirkt. Dieses Problem müsse man mit Beschränkungen mittels Raumplanung lösen. Zusätzlich zur Abschaffung müsse man deswegen flankierende Massnahmen in der Raumplanung ergreifen.

Das war ein dreifacher kollektiver Irrtum. Erstens schützt die Lex Koller den gesamten Immobilienmarkt – vor allem Städte und Agglomerationen. Gerade Ferienwohnungen in Berggebieten bekommen seit Jahrzehnten Ausnahme-Kontingente, die sie nicht einmal ausschöpfen. Auch Grossprojekte – wie das von Samih Sawiris in Andermatt – können als Ausnahme von der Lex Koller bewilligt werden.

Zweiter Irrtum: Die Lex Koller dämmt die Nachfrage nach Immobilien indem sie juristische und natürliche Personen im Ausland (nicht etwa Ausländer) vom Kauf von Wohnimmobilien ausschliesst. Die Raumplanung dagegen regelt das Angebot an Immobilien. Hätte man die Lex Koller – also die Nachfrageschranke – abgeschafft, wäre die Nachfrage nach Wohnimmobilien explodiert. Beschränkt man gleichzeitig via Raumplanung das Angebot, wären die Preise noch mehr gestiegen. Da die Mieten direkt mit den Immobilienpreisen zusammenhängen, wären auch die Mieten (noch mehr) explodiert. Also ist im Gegenteil der Erhalt der Lex Koller die flankierende Massnahme für die Verschärfung in der Raumplanung. Im Weiteren hätte eine Abschaffung den Druck auf den Schweizerfranken erhöht, da Immobiliengeschäfte in Schweizerfranken getätigt werden.

Der dritte Irrtum war, dass die Lex Koller nur reiche Privatpersonen von Immobilienkäufen abhalte. Immobilienkapital ist jedoch institutionell geworden. Es ist klar, britische Immobilien-Hedgefonds, norwegische Ölfonds und katarische Staatsfonds warten nur darauf in den Schweizer Immobilienmarkt zu drängen. Hohe und sichere Einkommen, Währungssicherheit und tiefe Inflation machen die Schweiz zu einem äusserst attraktiven Markt. Es ist aber keinesfalls einzusehen, weshalb hier wohnhafte Personen mit ihren hart verdienten Einkommen die Gewinne vom britischen Hedgefonds bezahlen sollen; Gewinne notabene, die ins Ausland abwandern, hier weder versteuert noch reinvestiert werden. Immobile Güter passen eben nicht zu mobilem Kapital.

 

Die Lex Koller spannt also wie ein Schutzschild einen Vorbehalt über den Schweizer Immobilienmarkt. Die Wohnungen und Häuser sind denjenigen vorbehalten, die hier leben, arbeiten und Steuern bezahlen, hier zu Hause sind. Die ökonomische Logik dahinter ist, dass leistungsfreie Wertsteigerungen von Immobilien vor allem durch steuerfinanzierte Infrastrukturleistungen erfolgen, zum Beispiel Strassen, Ausbau des öffentlichen Verkehrs, Schulen. Deshalb ist es richtig, dass EigentümerInnen hier via Steuern auch an diese staatlichen Leistungen beiträgen, von denen sie ja massgeblich profitieren. Darüber hinaus dämpft die Lex Koller wirksam die preistreibende Wirkung, die zusätzliches ausländisches Kapital haben würde. Eben – ein kluges und mächtiges Gesetz.

Viele meinen, die Lex Koller richte sich gegen die «Überfremdung des einheimischen Bodens». (So die Konnotation zu Zeiten, als man noch von Fremdenverkehr und Fremdenzimmern sprach). Das ist falsch. AusländerInnen durften und dürfen in der Schweiz Wohnimmobilien kaufen, sofern sie hier ihren Lebensmittelpunkt und Steuersitz haben. Vielmehr ist die Lex Koller da zur «Verhinderung der Immobilie als reine Kapitalanlage» – wie man in den alten Materialien nachlesen kann. Weitsichtig war die damalige Lex von Moss und spätere Lex Furgler mit Sicherheit. Immer mehr nämlich bestimmt in jüngerer Zeit eine Kapitalverwertungslogik unseren Immobilienmarkt. Unsere Häuser und Wohnungen werden zu reinen Anlagevehikeln umgebaut und dienen einzig der Renditemaximierung. Unser Boden wird in rasendem Tempo börsenkotiert. Das ist inakzeptabel. Immobilien sind das grösste volkswirtschaftliche Gut – ein Multibillionen-Markt. Die Kosten fürs Wohnen sind mit Abstand der grösste Posten in einem Haushaltsbudget. Deshalb ist es die Pflicht der Sozialdemokratie, diesen Kosten Sorge zu tragen und sich den neueren Entwicklungen entgegen zu stemmen.

Die Lex Koller muss denn auch in drei Bereichen verschärft werden: Erstens müssen die Umgehungsmöglichkeiten angegangen werden. Zweitens dürfen die börsenkotierten Immobiliengesellschaften kein ausländisches Geld mehr annehmen (wie das seit 2005 möglich ist). Diese treiben nur die Preise in die Höhe und konkurrieren unsere Pensionskassen und Wohn-Genossenschaften. Und drittens müssen Gewerbeimmobilien wieder der Lex Koller unterstellt werden (seit 1998 geändert von Lex Friedrich zu Lex Koller). Immer öfters kaufen ausländisch beherrschte Firmen Industrieareale und Gewerbeimmobilien auf, um von den Planungsgewinnen durch Auf- und Umzonungen und von Verkaufsgewinnen zu profitieren. Das alles brauchen wir nun wirklich nicht. Boden ist bei uns der limitierende Faktor, nicht Kapital.

All diese Verschärfungen sind mit Simonetta Sommaruga auf gutem Weg. Auch wenn die Reise noch dauern wird. Kurz: Wir müssen unser Schiff mit einer gestärkten Lex in die Zukunft steuern. Lex Sommaruga Ahoi! 

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