Frauen verdienen noch immer deutlich weniger als Männer für gleichwertige Arbeit. Eine zentrale Massnahme zur Durchsetzung der Lohngleichheit ist die Pflicht für Unternehmen mit über 100 Mitarbeitenden, Lohngleichheitsanalysen durchzuführen. Doch wie der heute veröffentlichte Bericht des Bundesamts für Justiz (BJ) zeigt, nimmt mehr als die Hälfte der Unternehmen diese Verantwortung nicht wahr. Aus Sicht der SP Frauen ist dies inakzeptabel.
«Lohngleichheit ist eine gesetzliche Pflicht. Die Schweiz ist ein Rechtsstaat, wir halten uns an Gesetze. Es ist skandalös, dass grosse Teile der Wirtschaft das Gefühl haben, sie können dies einfach ignorieren», sagt Tamara Funiciello, Co-Präsidentin der SP Frauen. «Es braucht nun schärfere Massnahmen, um das verfassungsmässige Recht auf Lohngleichheit durchsetzen. Unternehmen, die sich nicht an die gesetzliche Pflicht halten, müssen sanktioniert werden. Zudem braucht es eine generelle Stärkung der sozialen Absicherung für Frauen, um finanzielle Abhängigkeiten zu reduzieren.»
Seit 1981 ist die Lohngleichheit in der Schweizer Bundesverfassung verankert – doch die Realität hinkt dem Recht hinterher. Laut dem heute publizierten BJ-Bericht erfüllen über 50 % der Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden ihre Pflicht zur Lohngleichheitsanalyse nicht oder nur unzureichend. Diese Analysen sollen helfen, diskriminierende Lohnunterschiede sichtbar zu machen und zu beseitigen.
Finanzielle Unabhängigkeit ist Gewaltprävention
Die finanzielle Unabhängigkeit der Frauen ist zentral für eine gleichberechtigte Gesellschaft. Der Gender Overall Earnings Gap in der Schweiz beträgt 43 % – und dies, obwohl Frauen und Männer im Durchschnitt gleich viele Stunden arbeiten. Diese enorme Einkommenslücke zeigt, dass strukturelle Diskriminierung weit über die Löhne hinausgeht und tief in unserem Wirtschaftssystem verankert ist. Frauen leisten nach wie vor einen überproportionalen Anteil unbezahlter Arbeit, sei es in der Care-Arbeit oder in der Familie, was ihre Karrierechancen und finanzielle Unabhängigkeit massiv einschränkt.
«Finanzielle Unabhängigkeit ist ein zentraler Faktor in der Gewaltprävention», so Tamara Funiciello. «Frauen, die wirtschaftlich abgesichert sind, haben bessere Möglichkeiten, sich aus gewaltvollen Beziehungen zu lösen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Wer Lohngleichheit verweigert, nimmt damit auch in Kauf, dass Frauen in finanzieller Abhängigkeit verbleiben und grösseren Risiken ausgesetzt sind.»
Die SP Frauen werden die Zusammenarbeit mit den anderen Frauenparteien suchen und die Einreichung von Vorstössen prüfen. «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist das Minimum, das erreicht werden muss, um die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen zu garantieren», sagt Tamara Funiciello. «Lohngleichheit ist keine Verhandlungsfrage – sie ist ein Grundrecht, das endlich respektiert werden muss.»