Lohngleichheit – Punkt. Schluss!

In einem Land wie der Schweiz, sollte die Gleichstellung von Frau und Mann in der Gesellschaft und im Beruf, eine Selbstverständlichkeit sein – sie ist es aber nicht.
Rede, 1. Mai 2018, St. Gallen: Liebe Anwesende, liebe Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, Genossinnen und Genossen. Ich freue mich, diesen wichtigen, internationalen Feiertag – den Tag der Arbeit – mit euch hier verbringen zu können!

In einem Land wie der Schweiz, sollte die Gleichstellung von Frau und Mann in der Gesellschaft und im Beruf, eine Selbstverständlichkeit sein – sie ist es aber nicht.

Vor 100 Jahren am Generalstreik war eine der Forderungen die Einführung des Frauenstimmrechts. Bis 1971, also 53 Jahre lang mussten die Frauen warten, bis diese Forderung erfüllt wurde. Das zeigt, die Erfolge fallen einem nicht einfach zu. Sie müssen erkämpft werden, auch heute noch. 

Denn das Gleiche passiert heute: Seit 37 Jahren verlangt unsere Bundesverfassung die Gleichstellung der Geschlechter. Mit dem Frauenstreik 1991 verlangten wir Gleichstellung und Anerkennung. Wir wollen jetzt nicht wieder 53 Jahre warten, bis wir die Lohngleichheit haben. Wir fordern sie jetzt, mit aller Deutlichkeit.

Wir nehmen die Lohndiskriminierung nicht länger hin. Immer noch hinken die Löhne der Frauen denjenigen der Männer deutlich hinten nach. Wir Frauen verdienen für die gleiche Arbeit noch immer 18 % weniger. Ein Teil davon ist erklärbar, rund 1/3 davon ist aber mit nichts zu erklären. Es ist reine Diskriminierung! Das macht im Schnitt rund 600.- Fr. weniger Verdienst pro Monat für die Frauen – nur wegen des Geschlechts, nicht wegen weniger Leistung oder Können, nein, nur wegen des Geschlechts.  Das lassen wir uns nicht mehr länger gefallen.

Vor kurzem hat der Bundesrat endlich reagiert und ein Minireförmchen des Gleichstellungsgesetzes vorgeschlagen, um mehr Lohntransparenz zu schaffen. In der Frühlingssession wurde dieser Vorschlag von der männlichen, bürgerlichen Dominanz im Ständerat aus heiterem Himmel zurückgewiesen. Es brauche noch mehr Abklärungen. Was sind das für weltfremde Politiker, die bis heute die Realität nicht begriffen haben und den Lohnbetrug an den Frauen aufschieben, ja daran festhalten?

Wir fordern gleiche Löhne für gleiche Arbeit. Und dafür gehen wir weiter auf die Strasse.

Aber Lohngleichheit allein genügt nicht. Wir fordern auch die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Ein Ländervergleich der herrschenden Bedingungen für erwerbstätige Frauen zeigt ein deutliches Resultat: die Schweiz landet auf Platz 26 von 29! Einen Platz vor der Türkei. Eine Blamage für die reiche Schweiz. Wir fordern, dass es endlich vorwärts geht mit günstigeren Kinderbetreuungsplätzen, Teilzeitarbeit für Frau und Mann auf allen hierarchischen Stufen, Weiterbildung auch bei Teilzeitarbeit, Vaterschaftsurlaub und mit der Lohngleichheit.

Aber im Parlament weht der Wind von einer ganz anderen Seite. Die neoliberalen Kräfte brauen sich zu einem veritablen Sturm gegen die Schutzbestimmungen im Arbeitsgesetz zusammen.

So verlangen die Ständeratsmitglieder Graber, Keller-Sutter und Burkart in konzertierten Vorstössen Gesetzesänderungen, damit es für Arbeitnehmende mit Leitungsfunktion und Fachspezialisten keine Arbeitszeiterfassung mehr gibt oder dass beim Home-Office weder Nachtruhe noch Sonntage beachtet werden müssen. Ein hemmungsloser, neoliberaler Angriff auf das Arbeitsrecht! Angestellte haben immer verfügbar zu sein, wann das Unternehmen sie gerade braucht.

Damit werden auch die Anstrengungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie geradezu pulverisiert. Aber es braucht Verbesserungen im Arbeitsrecht, zugunsten der Familien und den Frauen, die immer noch die meiste Betreuungsarbeit übernehmen. Dafür kämpfen wir schon lange, und dafür gehen wir auf die Strasse.

Die gleichen Kreise, die das Arbeitsrecht aufbrechen wollen, demontieren auch die Altersreform.

Es sind die gleichen neoliberalen Kreise, die nichts von einem besseren Kündigungsschutz für ältere Arbeitskräfte wissen wollen.

Es sind die gleichen, die die medizinische Versorgung für die Mehrheit der Bevölkerung unbezahlbar machen wollen und damit auf eine 2-Klassen-Medizin hinsteuern.

Es sind die gleichen, die bei den Ärmsten die Ergänzungsleistungen kürzen und Versicherungsabhängige schrankenlos überwachen lassen wollen.

Es sind die gleichen, die die Entwicklungshilfegelder kürzen und den internationalen Konzernen keine Vorschriften machen wollen.

Bundesrat Ueli Maurer will mit seiner Steuervorlage 17 weiterhin die Unternehmen und die Reichen schonen, obwohl die Bevölkerung seiner letzten Vorlage, der USR3, deutlich den Laufpass gegeben hat. Sein Kollege Bundesrat Guy Parmelin investiert Milliarden in sinnlose Kampfflugzeuge, während Sparpakete auf Kosten der Angestellten, der Rentnerinnen und Rentner, des Service public durchgezogen werden.

Diesen gesellschaftszerstörerischen Machenschaften verpassen wir eine Abfuhr.

Geschätzte Anwesende, der 1. Mai ist der Tag der Arbeit und er ist der Tag der Solidarität. Deshalb zeigen wir

Solidarität mit Migrantinnen und Migranten, damit auch sie einen Platz in unserer Gesellschaft und in unserer Arbeitswelt finden können.

Solidarität mit den Menschen in den Krisenregionen der Welt, insbesondere in Syrien und mit den Kurdinnen und Kurden, deren fortschrittlichen und frauenfreundlichen Gesellschaftsstrukturen bedroht sind.

Solidarität mit den Arbeiterinnen und Arbeitern in Schwellen- und Entwicklungsländern, die unter unmenschlichen Bedingungen Rohstoffe abbauen oder für uns Güter herstellen, ohne Arbeitnehmerschutz und ohne dass ökologische und soziale Standards eingehalten werden.

Wir verlangen von unseren Konzernen mit Sitz in der Schweiz, dass sie uneingeschränkt Menschen-, Arbeits- und Umweltstandards einhalten. Die Schweizer Gewerkschaften unterstützen deshalb die Konzerninitiative, die genau das will.

Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, Genossinnen und Genossen, Arbeitende, wir stehen ein für Gerechtigkeit in der Gesellschaft und eine faire Arbeitswelt.

Wir kämpfen für die Lohngleichheit. Wir fordern sie jetzt.

Punkt. Schluss!

Ansprechpartner:innen zu diesem Thema

Claudia Friedl

Claudia Friedl

Nationalrätin SG

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