Die SP Schweiz war in Rom mit der hochrangigsten und grössten Delegation seit langem vertreten. Angeführt wurde sie von Präsident Christian Levrat und Vize-Präsidentin Jacqueline Fehr. Ausserdem reisten Walter Suter (Co-Präsident der SP International und Vertreter der SP Schweiz im Präsidium der SP Europa), Andreas Gross (Nationalrat und Präsident der SP-Fraktion im Europarat), Stefano Vescovi (Mitglied der SP International in Rom) sowie die beiden ParlamentarierInnen Ada Marra (PS Vaud) und Cédric Wermuth (SP Aargau) nach Rom. Die beiden Tage standen ganz im Zeichen der anstehenden europäischen Wahlen vom 25. Mai.
Die SP Europa hat seit Beginn der Krise hart daran gearbeitet, ein gemeinsames Programm für den Kontinent vorzulegen. Und dies ist tatsächlich gelungen. Nach mehreren Runden von Anträgen durch die Mitgliedsparteien wurde das Wahlmanifest in Rom einstimmig verabschiedet. Es fokussiert auf 10 Forderungen für ein gerechteres und demokratischeres Europa:
- Eine Wirtschaftspolitik, die den 27 Millionen Arbeitslosen in Europa neue, gute Arbeit bringt
- Eine Abkehr von der verheerenden Austeritätspolitik
- Ein Umbau des Finanzsektors, damit die BürgerInnen nie mehr für die Fehler der Banken geradestehen müsse
- Ein Ausbau des europäischen Service public für Gesundheit, Bildung, das Recht auf Wohnen und einen starken Sozialstaat.
- Griffige Gesetze für die Gleichberechtigung von Frau und Mann und ein Ende der Diskriminierung von Homosexuellen
- Ein politisches Programm gegen die erstarkenden rechtsextremen Parteien
- Stärkung der Rechte der KonsumentInnen gegenüber den Multis
- Ausbau der demokratischen Rechte in der Europäischen Union
- Ein Programm für den ökologischen Umbau unserer Gesellschaft
- Eine europäische Aussenpolitik, die sich die Prinzipien von Demokratie, Frieden, Menschenrechten und Armutsbekämpfung auf die Fahnen schreibt
Martin Schulz: „Mein Europa ist ein Europa von unten!“
Auf Grundlage dieses Programms wählten die Delegierten anschliessend den Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, zum gemeinsamen Spitzenkandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten – ein Novum. Noch nie in der europäischen Geschichte hat eine europäische Partei angekündigt, den Kommissionspräsidenten demokratisch zu nominieren und zu wählen. Bisher erfolgte diese (Aus-)Wahl immer erst nach den Wahlen im stillen Kämmerchen.
Schulz erhielt schon vor dem Kongress von der grossen Mehrheit der Mitgliedparteien offiziell Unterstützung, so auch von der SP Schweiz. Seine Wahlkampfrede war erfrischend ehrlich, direkt und klar. Martin Schulz kritisierte in einer für die europäische Sozialdemokratie seltenen Deutlichkeit die Politik der neoliberalen Mehrheit in Europa und auch die Beteiligung verschiedener Sozialdemokratischer Parteien an diesen Regierungen. Schulz machte klar, dass es für uns nicht darum gehen kann, dieses Europa zu verteidigen. Sondern, dass ein sozialdemokratisches Programm ein fundamental neues, ein demokratisches, soziales, integriertes Europa anstreben muss: „Mein Europa ist ein Europa von unten!“.
Schweiz im Fokus
Obwohl unser Land nicht Mitglied der Europäischen Union und unsere Delegation auch an den Kongressen der PES nicht stimmberechtig ist, war die Schweiz in den Debatten omnipräsent. Ob Bankgeheimnis, Steuertricksereien oder die Migrationspolitik – praktisch keine Debatte und kein Workshop ohne dass unser Land als Negativbeispiel herhalten musste. Das zeigt: Die Lust in Europa, nach dem 9. Februar schon wieder auf einen Sonderwunsch der Schweiz einzugehen, ist gering, sehr gering. Bestätigt wurde uns dieser Eindruck auch aus den zahlreichen Gesprächen, die wir am Rand des Kongresses führen konnten. Gross hingegen ist der Wille der europäischen Genossen, die SP Schweiz in ihrem Kampf für eine Europäisierung der Schweiz zu unterstützen. Darauf lässt sich aufbauen!