Vier Jahre Donald Trump haben die älteste Demokratie der Welt an den Rand des Abgrunds gebracht. Seine Lügen, seine Korruption, sein Sexismus und sein Rassismus haben die bereits polarisierte US-Gesellschaft definitiv zerrüttet. Soziale Ungleichheit und Diskriminierungen von Minderheiten prägen den Alltag. Wut und Hass dominieren die Debatte. Der Angriff eines faschistischen Mobs auf das Kapitol war der bisherige Tiefpunkt dieses amerikanischen Albtraums.
Diesseits des Atlantiks waren wir seit Trumps Wahl besorgt. Aber allmählich machte sich auch Abstumpfung breit. Das war und ist gefährlich. Denn Trump und seine Fans konstruieren «alternative Fakten» und schaffen so ideologische Parallelwelten, in die auch europäische Nationalisten hinabsteigen. Für die Salvinis, Le Pens, Straches, Höckes und Köppels ist Trump ein Vorbild. Denn er hat vorgemacht, wie man als demokratisch gewählter Amtsträger die Macht dazu missbrauchen kann, demokratische Institutionen auszuhöhlen. Bis heute distanzieren sich Trumps europäische Fans darum nicht von ihm.
Barack Obama sagte im August des letzten Jahres, bei der Präsidentschaftswahl gehe es um das Überleben der amerikanischen Demokratie. Dass er nicht übertrieben hat, beweist Trumps Leugnung der klaren Niederlage. Sein wichtigstes Vermächtnis bleibt diese grosse Lüge, der leider Millionen auf den Leim gegangen sind. So zersetzt Trump auch nach dem Ende seiner Präsidentschaft die amerikanische Demokratie.
Für den Yale-Historiker Timothy Snyder ist der Niedergang der regionalen Medienvielfalt und des medialen Service Public ein wichtiger Grund für die Krise der amerikanischen Demokratie. In den meisten Regionen der USA gibt es keine regionalen Medien und keinen lokalen Journalismus mehr. Die Menschen wissen nicht, was vor Ort passiert. In dieses Informationsvakuum springen Propagandisten, die auf Sendern wie Fox News und in Social-Media-Filterblasen ihre Desinformation betreiben. Wie Lauffeuer verbreiten sich Lügen und Verschwörungstheorien. Davon leben Antidemokraten wie Trump. Darum müssten gemäss Snyder die Internetkonzerne zerschlagen und Social-Media-Plattformen wie Facebook gerechter besteuert werden. Mit den Einnahmen sei der lokale Journalismus zu finanzieren. Schliesslich geht der Niedergang der Medienvielfalt darauf zurück, dass Google und Facebook praktisch alle Werbeeinnahmen abgezogen haben – ohne dass diese Plattformen irgendeinen journalistischen Inhalt produzieren würden.
«Die Geschichte ist ein Albtraum, aus dem ich zu erwachen suche», hat James Joyce eine Hauptfigur seines Ulysses sagen lassen. Seit letzter Woche sitzt zum Glück kein Antidemokrat mehr im Weissen Haus. Die Welt ist erwacht. Doch damit der amerikanische Albtraum nicht zurückkehrt, müssen wir uns überall für die Demokratie engagieren. Auch bei uns. Es braucht unseren Einsatz für Medienvielfalt und für einen medialen Service Public auf der Höhe des digitalen Zeitalters. Darum geht es beim Massnahmenpaket zugunsten der Medien, welches wir aktuell in der zuständigen Kommission beraten. Ziel ist es, die Zeitungszustellung besser zu finanzieren, die Branche insgesamt zu stärken und neu auch redaktionelle Online-Medien zu fördern. Hoffentlich sieht eine Mehrheit in Bern, wie bedeutend dieser Schritt für unsere Demokratie ist.