Mindestlöhne stärken die Berufslehre

Andy Tschümperlin, Nationalrat SZ, Präsident der SP-Bundeshausfraktion

Andy Tschümperlin, Nationalrat SZ, Präsident der SP-Bundeshausfraktion
Mehr als zwanzig Jahre habe ich auf der Sekundarstufe I junge Menschen ausgebildet, die zuerst ihre Berufswahl planten, dann den Berufseinstieg vollzogen. Nie habe ich während dieser Zeit erlebt, dass Jugendliche nach der obligatorischen Schulzeit gesagt hätten: „Ich will keine Berufsausbildung machen, ich möchte nur Geld verdienen.“ Für junge Menschen ist die Ausbildung wichtiger als Geld.

Kühn behaupten die Gegner der Mindestlohninitiative, dass mit der Mindestlohn-Initiative der Anreiz, eine Lehre zu absolvieren, verloren ginge. Genau das Gegenteil passiert. Mit der Mindestlohninitiative werden die Berufslehren aufgewertet. 

Wer als Lehrling weiss, dass nach einer abgeschlossenen Berufslehre eine anständige Bezahlung erfolgt, ist motivierter. Es kann doch einfach nicht sein, dass nach einer dreijährigen Lehre ausgebildete Fachkräfte unter 4000 Franken verdienen. Leider ist das heute in der reichen Schweiz immer noch eine Tatsache. Rund ein Drittel der Arbeitenden, die weniger als diese 22 Franken pro Stunde verdienen, haben eine Berufslehre abgeschlossen. 70 Prozent davon sind Frauen. Tiefstlöhne erhalten Coiffeusen, Verkäuferinnen, Flugbegleiterinnen aber auch Arbeiter im Gartenbau. 

Frauen sind doppelt so häufig von Tieflöhnen betroffen, obwohl die Lohngleichstellung seit über 30 Jahren in der Bundesverfassung mit dem Satz „Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit“ verankert ist. Im Jahr 2010 erhielten 5,6 Prozent der Männer mit einem Lehrabschluss einen Tieflohn. Mit 15,7 Prozent waren die Frauen fast dreimal so hoch betroffen. Mindestlöhne sind somit ein wirksames Instrument gegen die Lohndiskriminierung von Frauen. 

Wer sein Leben mit einem Lohn unter 4000 Franken bestreiten muss, der bekommt später dann auch eine tiefere Rente. Damit werden die AHV-Beiträge tiefer, die Pensionskassenguthaben – also die 2. Säule – können nur gering oder gar nicht aufgebaut werden. Geld für den Aufbau einer 3. Säule ist nicht vorhanden. Arbeiterinnen und Arbeiter mit zu tiefen Löhnen werden also doppelt bestraft. Wer Ja sagt zu tiefen Löhnen, der sagt auch Ja zu tiefen Renten. So einfach ist das. 

Am 18. Mai 2014 haben wir die Gelegenheit, mit einem Ja zur Mindestlohninitiative allen Frauen und Männern in unserem Land, die jeden Tag hart arbeiten, einen gerechten Lohn zu garantieren. Ein starkes Land braucht faire Löhne.

Ansprechpartner:innen zu diesem Thema

Andy Tschümperlin

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Fraktionspräsident, Mitglied des Präsidiums

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