Neues Schnüffelgesetz: ein Angriff auf die Pressefreiheit

Das neue Nachrichtendienstgesetz (NDG) will die Kompetenzen des Schweizer Geheimdienstes massiv ausbauen. Damit gefährdet es Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Insbesondere ist es ein Angriff auf die Pressefreiheit.

2014 wurde bekannt, dass ein Mitarbeiter der Schweizer Nachrichtendienstes eine Journalistin der Zeitung «Le Temps» und einen Mitarbeiter des Westschweizer Fernsehens im Geheimen überwachte. So wollte er herausfinden, was und von wem die Medienschaffenden über seine verbotenen Machenschaften mit einem zwielichtigen Waadtländer Weinhändler wussten und die Publikation ihrer Recherche verhindern. Die illegalen Machenschaften wurden unter dem Namen des Weinhändlers als «Affäre Giroud» bekannt und lösten einen veritablen Skandal aus.

Das könnte sich in Zukunft ändern. Mit dem neuen NDG darf der Geheimdienst ganz legal den Quellenschutz aushebeln und ohne Tatverdacht die Korrespondenz von Journalistinnen und Journalisten überwachen. Je nach dem, als wie dringlich der Geheimdienst seinen Wissensdurst verkauft, braucht er dazu nicht einmal eine Bewilligung einer anderen Instanz. Damit verletzt das neue Gesetz Art. 17 der Bundesverfassung, der das Redaktionsgeheimnis gewährleistet und gefährdet damit die Medienfreiheit an sich. Wenn Journalistinnen und Journalisten in Zukunft nicht mehr davon ausgehen können, dass ihre Quellen gegenüber staatlichen Stellen geschützt bleiben, droht sich ihre Arbeit grundlegend zu verändern.

Das NDG geht aber noch weiter: Neu wird die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten institutionalisiert und damit ausgebaut. Man kann nur erahnen, was dies für die Grundrechte der Menschen in der Schweiz bedeutet. Dienste, die per Definition im Geheimen agieren und für ihr Geschäft auf Informationen angewiesen sind, dürften kaum Skrupel haben, die in der Schweiz gesammelten Daten auch im Ausland zu verkaufen. Neu würde es also möglich, dass die russische Regierung viel mehr über einen kritischen Schweizer Journalisten in Moskau weiss, als diesem recht sein kann. Im Gegenzug erhält der Schweizer NDB Informationen über einen kriminellen russischen Oligarchen.

Solche Tauschgeschäfte mit Informationen gehören zwischen Geheimdiensten zum täglichen Brot. Und genau deshalb müssen ihre Kompetenzen so eng wie möglich definiert und aufs Genaueste kontrolliert werden. Denn von Geheimdiensten gesammelte Daten können nicht überprüft, nicht vor einem Gericht angefochten oder gelöscht werden. Willkür und Unrecht werden Tür und Tor geöffnet. Und Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Freiheit sind bedroht.

Was ein zu starker Geheimdienst bedeuten kann, musste die Schweiz schon mehrfach erfahren. 1989 wurde publik, dass der Schweizer Staatsschutz über Jahrzehnte von 900’000 Menschen in der Schweiz geheime Akten – so genannte Fichen – angelegt hatte. Und 2010 wurde bekannt, dass der Geheimdienst erneut Hunderttausende widerrechtlich überwachte. Nach der Zusammenführung der beiden Dienste Analyse und Prävention und Strategischer Nachrichtendienst unter dem Dach des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) versicherten die zuständigen Behörden, dass solche massiven Überwachungsexzesse in der Schweiz nie wieder vorkommen würden. Das neue NDG spricht leider eine andere Sprache.

Das Gesetz sieht einen Ausbau bei den Beschaffungsmassnahmen für den Staatsschutz vor. So sollen in Zukunft Räume verwanzt, Staatstrojaner auf Computern installiert und so genannte «Vertrauensleute» eingesetzt werden können. Neu soll der Geheimdienst auch auf die Vorratsdatenspeicherung und damit auf die Randdaten der Kommunikation von uns allen zugreifen können, was bisher nur den Strafverfolgungsbehörden erlaubt ist. Und es wird die Möglichkeit zur geheimen Überwachung von E-Mails, Whatsapp-Nachrichten und Telefonen durch die Kabelaufklärung geschaffen. Die VBS-interne Kontrolle und die Bewilligungsinstanzen sind dabei leider so zahnlos wie einfach zu umgehen.

Das neue NDG ist deshalb ein gefährliches und unnötiges Gesetz und das am 14. Januar 2016 offiziell eingereichte Referendum dagegen dringend notwendig.

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