Beitrag von Ronahi Yener, Präsidentin JUSO Kanton Zug an der Medienkonferenz zur Burkainitiative vom 8. Februar 2021
Geschätzte Medienschaffende
Mein Name ist Ronahi Yener und ich bin Präsidentin der JUSO Kanton Zug. Meine Eltern haben einen kurdischen Ursprung und ich habe einen muslimischen Hintergrund. Sie haben sich für unsere Freiheit und gegen Unterdrückung eingesetzt und darum auch ihre Heimat verlassen. Denn die Unterdrückung durch ein autokratisches Regime hat es ihnen verunmöglicht ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Meine Eltern haben für meine selbstbestimmte Zukunft gekämpft und mir dann die Wahl überlassen, wie ich mein Leben leben möchte. Meine Mutter und mein Vater haben mir nie vorgeschrieben, wie ich mein Leben zu führen habe, woran ich zu glauben habe oder wie ich mich anzuziehen habe.
Umso befremdlicher finde ich die implizite Haltung, dass Zwang ein Phänomen ist, welches auf den muslimischen Kulturkreis beschränkt ist. Vielmehr sind mir gesellschaftliche Kleidernormenvorschriften auch aus der Schweiz bekannt. So wird die Sittlichkeit einer Frau etwa an der Kürze des Rocks oder der Haut die sie zeigt, gemessen. Nicht selten müssen Frauen, die eine Vergewaltigung erlebt haben, sich vom Umfeld oder der Medienöffentlichkeit die Frage über sich ergehen lassen, ob sie denn nicht zu freizügig gekleidet waren. Dies suggeriert ein Bild in dem Frauen je nach Kleidung ihre Verfügbarkeit darstellen, als müsse man sich Verhüllen, um sich vor Gewalt zu schützten. Also brechen wir mit dem Bild, dass einzig die Frauen im Westen «befreit» sind und Sexismus nicht inhärent oder strukturell ist in der Schweizer Gesellschaft.
Bestes Beispiel dafür ist die Verhüllungsinitative der SVP. Sie zeigt eindrücklich auf, dass Kleiderzwang das Instrument von konservativen Kräften ist und nicht einer Religion oder Kultur zugeschrieben werden kann. Dass im 21. Jahrhundert, in einem Land in dem Religions- und Meinungsfreiheit herrscht, über solch eine Menschenverachtende Initiative abgestimmt wird, ist unglaublich.
Der Körper von Frauen ist seit Jahrzenten ein Politikum. Ob es um Abtreibung oder Kleidervorschriften geht, ständig wollen konservative Kräfte mit ihren rückständigen Wertvorstellungen über Frauen entscheiden. Dagegen wehren wir uns als feministische Bewegung, denn mein Körper ist meine Entscheidung. Ich bestimme, wie ich mich anziehen möchte und so soll es allen Frauen möglich sein. Niemand hat uns Frauen zu bevormunden, ob wir uns nun verschleiern oder nicht.
Mir ist bewusst, dass es Frauen gibt, die gezwungen werden, sich zu verschleiern. Ihre Probleme und Anliegen sind zentrale feministische Anliegen. Doch ihnen wird durch diese Initiative kein bisschen geholfen, sie stehen dann zwischen den Fronten, müssen zuhause bleiben und sind damit noch viel mehr Gewalt und Zwang ausgesetzt. Der Staat würde sich damit in eine Rolle begeben, in der er genauso einen Zwang über diese Frauen und ihre Körper ausübt. Selbstbestimmung für Frauen heisst auch, jene bei ihrer Emanzipation zu unterstützen, die nicht selbst entscheiden können und nicht sie zu bevormunden. Wir müssen eine inklusive Integration und Partizipation in unserer Gesellschaft ermöglichen und die rassistische Ausgrenzungspolitik der SVP bekämpfen. Dringendst benötigt werden mehr Mittel für Anlaufstellen, für von Gewalt und Zwang betroffenen Frauen. In der Debatte zur Verhüllungsinitiative hat die SP genau dies mit einem Gegenvorschlag zu dieser Initiative gefordert.
Selbstbestimmung ist für uns zentral. Wir fordern, dass wir alle ein selbstbestimmtes Leben führen können frei von ökonomischen Zwängen, Rassismus, Sexismus, Homophobie und Transphobie. So verschieden wir sein mögen, wir sind alles Schwestern und stehen gemeinsam für unsere Selbstbestimmungsrechte ein. Darum solidarisieren wir uns mit den Frauen im Iran, welche gegen den Kopftuchzwang kämpfen, genauso wie mit den Niqabträgerinnen, die hier in der Schweiz gegen ein Verhüllungsverbot kämpfen. Niqabträgerinnen werden aufgrund eines Kleidungsstückes unter Generalverdacht gestellt extremistisch, passiv und unterdrückt zu sein. Diese Mutmassungen, welche in den Medien verbreitet werden, diskriminieren die Niqabträgerinnen und die ganze Muslimische Community aufs tiefste.
Mein Feminismus ist intersektional und ich stehe für ihre Rechte ein genauso wie ich es für die von anderen Frauen tun würde, deshalb stimme ich Nein am 7. Februar zur Burka Initiative.