Bei lustigen Wahlkampf-Filmchen denkt man wehmütig an Marco Fischer zurück, den Vater aller Fremdschämer. Ihm war das die Übung 2009 sichtlich unangenehm. Eine selbstkritisch-realistische Haltung, die jüngsten Werken leider abgeht, genau wie die dadurch erzeugte feine Komik. Heuer ist Sauglattismus beabsichtigt: Tiere, (falsch) singende Familien, hanebüchene Kalauer und Schauspielern deutlich unter Reality-Soap-Niveau.
Dabei wird Selbstironie oft mit politischer Selbstdemontage verwechselt. Man stelle sich den Wähler beim Ausfüllen seines Wahlzettels vor: «Hahaha, dieser Typ hat sich online so was von zum Affen gemacht, oberpeinlich! Von ihm möchte ich regiert werden». Echt jetzt? Oder wenn der Gewählte dereinst nach Brüssel reist, um denen zu zeigen, wo Bartli den Moscht holt – hilft es dann wirklich, wenn ihn Junker schon mal auf Youtube gesehen und sich dabei einen Schranz gelacht hat? Schon jetzt hat uns dieser Wahlkampf eines gelehrt: Wer ein lustiges Wahl-Filmchen dreht, bewegt sich auf dünnem Eis. Genau genommen ist da eigentlich gar kein Eis, das einem trägt, sondern höchstens die Oberflächenspannung des Wassers.
Eigentlich logisch, dass die eine oder der andere einen politischen «Ränzler» hinlegt: Den Schmerz nimmt man in Kauf – Hauptsache, es sieht lustig aus und alle lachen. Apropos: Es gibt ja auch noch Milliardär Christoph B., der vor seiner Mega-Villa mit Mega-Aussicht einen «Ränzler» in seinen Mega-Pool macht. Zugegeben, der Clip ist handwerklich gelungenen und musikalisch lüpfig. Und aktuell: Millionen sind auf der Flucht vor Hunger und Krieg, schwimmen im Mittelmeer um ihr Leben. Ohne flauschigen Bademantel. Selbst wenn die Selbstironie richtig dosiert ist, kann einem immer noch das Timing in die Quere kommen.
Erschienen im «links», Ausgabe 157