Die traditionellen Mitteparteien haben gemäss Vox-Analyse ein Problem damit, ihre Wählerschaft zu überzeugen, und das in einer wirtschaftspolitischen Kernfrage. In einer derart zentralen Abstimmung wie jener vom 9. Februar folgten 40 Prozent der FDP-Wählerinnen und Wähler nicht der Parole ihrer Partei und ihrer Bundesräte. Offensichtlich vermochte die bürgerliche Nein-Kampagne mit ihrer reinen Verteidigung des Status Quo selbst im eigenen Lager nicht zu überzeugen.
Die SP hat stets davor gewarnt, dass ohne innere Reformen die Bereitschaft zur Öffnung der Schweiz schwinden werde. Wenn die Früchte der Personenfreizügigkeit nicht allen zugute kommen, sind auch keine Mehrheiten dafür zu gewinnen. Der Bundesrat hat der SP letzte Woche mit der Stärkung der flankierenden Massnahmen recht gegeben – wenn auch drei Monate zu spät.
Vor der Abstimmung wollte die bürgerliche Mehrheit in Bundesrat und Parlament davon leider nichts wissen. Doch die Vox-Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Fast so häufig wie die traditionelle Skepsis gegenüber der Öffnung werden wirtschaftliche Ängste, namentlich Lohndumping, und Schwierigkeiten im Wohn-, Verkehrs- und Umweltbereich als Motive für die Zustimmung zur Initiative genannt. Und diese Motive – gegen die der Bundesrat und die bürgerlichen Parteien etwas hätten unternehmen können – haben letztlich den Ausschlag für das Ja gegeben.
Nach der Aufarbeitung des 9. Februars richtet die SP den Blick nach vorne. Die Delegierten der SP haben letzten Samstag die Position der Partei untermauert: Die SP wird erstens keine Diskriminierung von Arbeitnehmenden und insbesondere kein neues Saisonnierstatut dulden. Sie wird sich zweitens dafür einsetzen, dass die Schweiz wieder stabile Beziehungen zur EU aufbaut. Und sie wird drittens auf inneren Reformen beharren: Schutz der Schweizer Löhne, genügend bezahlbare Wohnungen, mehr Mittel für die Bildung und ein Ende der Zersiedelung des Landes.