Die SP Frauen Schweiz verteidigen das Recht aller Menschen – unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Religion oder ihrem Geschlecht – auf ein würdiges Leben, auf Sicherheit und auf gleiche Rechte. Deshalb verurteilen die SP Frauen Schweiz die schweren Angriffe auf die Zivilbevölkerung in Israel, die am 7. Oktober von der Hamas verübt wurden, ebenso wie die systematischen Angriffe und Gewalttaten Israels gegen die palästinensische Zivilbevölkerung in Gaza und im Westjordanland.
Geiselnahmen, sexuelle Gewalt, die Bombardierung ziviler Infrastruktureinrichtungen und der daraus resultierende Mangel an medizinischer Versorgung, die Vertreibung der Bevölkerung und die Einschränkung des Zugangs zu Nahrungsmitteln und Trinkwasser sind allesamt schwere Verstösse gegen das Völkerrecht. Gezielte Angriffe auf die Zivilbevölkerung sind unter allen Umständen immer vorbehaltlos zu verurteilen. Deshalb fordern die SP Frauen die Einhaltung des humanitären Rechts und einen sofortigen und absoluten Waffenstillstand. Denn die einzige Zukunftsperspektive in der Region ist ein dauerhafter und gerechter Frieden.
Die SP Frauen Schweiz bekunden ihre Solidarität mit den Frauen und allen Opfern von geschlechtsspezifischer Gewalt. Die zahlreichen Berichte über geschlechtsspezifische Gräueltaten und sexualisierte Gewalt während der Angriffe vom 7. Oktober erschüttern die SP Frauen zutiefst. Gleichzeitig gibt es zahlreiche Berichte über die Anwendung sexualisierter Gewalt durch den israelischen Inlandsgeheimdienst gegenüber palästinensischen Gefangenen[1]. Sexualisierte Gewalt und Folter gegen Frauen und FINTA-Personen werden in Konflikten systematisch angewendet. Diese spezifische Kriegswaffe dient gezielt der Einschüchterung, Demütigung und Vertreibung.
Die Zustände im abgeriegelten Gazastreifen waren schon vor der Offensive der israelischen Streitkräfte menschenunwürdig. Heute und seit dem 9. Oktober wird die Zivilbevölkerung erneut von den israelischen Streitkräften bombardiert, getötet, intern vertrieben und von überlebenswichtigen Grundversorgungsleistungen wie Nahrung, Wasser, Strom und medizinischer Versorgung, einschliesslich reproduktiver Gesundheit, abgeschnitten. Dies hat auch unmittelbare geschlechtsspezifische Auswirkungen: Gebärende sind in Lebensgefahr, Schwangere können nicht medizinisch versorgt werden, die Menstruationshygiene ist nicht gewährleistet. Internationale Organisationen berichten von Frauen, die bereits im zehnten Monat schwanger sind, und von solchen, die ohne Narkose per Kaiserschnitt entbunden werden. Gleichzeitig steigt auch im Westjordanland die durch die israelische Regierung und israelischen Siedler:innen verübte Gewalt an der palästinensischen Zivilbevölkerung weiter.
Die SP Frauen Schweiz teilen den Schmerz aller Menschen, die Angehörige verloren haben, um ihr Leben fürchten müssen und gezwungen sind, unter schrecklichen Bedingungen zu leben. Im Gazastreifen, wo die Hälfte der Bevölkerung unter 18 Jahre alt ist, sind Kinder und Frauen unter den Opfern der Offensive der israelischen Streitkräfte überproportional vertreten. Die Angriffe auf Universitäten als Orte des Wissens, Krankenhäuser als Orte der medizinischen Versorgung und Wohnhäuser als Orte des Lebens sind besonders tragisch, da sie die Zukunftsperspektiven der Menschen in Gaza drastisch reduzieren. Die SP Frauen Schweiz setzen der Entmenschlichung der palästinensischen Bevölkerung ihre feministische Solidarität und Empathie entgegen, wobei sie jede Form der Instrumentalisierung im Rahmen dieser Solidarität ablehnen: Wir kämpfen gleichermassen gegen Antisemitismus, Islamophobie und alle Formen von Rassismus.
Die von der Hamas verübten Kriegsverbrechen, wie auch die Verletzungen des humanitären Völkerrechts durch die israelischen Streitkräfte, müssen zwingend untersucht und verfolgt werden. Die Schweiz muss die laufenden und angekündigten Bemühungen des Internationalen Strafgerichtshofs aktiv einfordern und unterstützen. Die Schweiz muss auch dazu beitragen, dass der Staat Israel die vom Internationalen Gerichtshof angekündigten vorläufigen Massnahmen im Zusammenhang mit der Klage Südafrikas auf Völkermord einhält. Zudem soll die Schweiz dringend mehr NGOs in der Region unterstützen, die sich für Opfer von Gewalt einsetzen, humanitäre Hilfe leisten und sich für den Schutz der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts engagieren.
Für die SP Frauen ist klar: Das Recht auf ein Leben in Sicherheit und frei von Gewalt ist unverhandelbar. Die SP Frauen folgen dem Aufruf aller internationalen Organisationen, insbesondere des UNO-Generalsekretärs Antonio Guterres: Das Morden an Zivilist:innen muss aufhören. Um die Basis für einen langfristigen Frieden zu legen, braucht es einen sofortigen und unbefristeten Waffenstillstand und die Freilassung aller Geiseln und politischer Gefangenen. Dies sind unverhandelbare Bedingungen für die Schaffung von Zukunftsperspektiven für alle Menschen, die in der Region leben. Der humanitäre Zugang muss gemäss humanitärem Völkerrecht sofort gewährleistet werden.
Die SP Frauen fordern den Bundesrat auf, sich aktiv für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts einzusetzen. Die Schweiz muss sofort jegliche militärische Zusammenarbeit und den Handel mit Kriegsmaterial mit den in den Konflikt verwickelten Staaten im Nahen Osten einstellen. Dies steht im Einklang mit dem Verbot, Kriegsmaterial in Länder zu exportieren, die in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt sind, oder die Menschenrechte systematisch verletzen.
Zudem fordern die SP Frauen den Bundesrat auf, der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus zu folgen und Antisemitismus, antiarabischen und antimuslimischen Rassismus zu verurteilen und aktiv vorzubeugen. In diesem Zusammenhang begrüssen wir die Entscheidung des Parlaments, im Budget 2024 2,5 Millionen Franken zu bewilligen, um die Mittel für Sicherheitsmassnahmen für bedrohte Minderheiten zu erhöhen. Dies ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, denn auch in der Schweiz darf nicht toleriert werden, dass Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Religion Gewalt, diskriminierenden Äusserungen oder Handlungen ausgesetzt sind.
Nicht zuletzt muss sich die Schweiz diplomatisch für eine Wiederaufnahme des Friedensprozesses einsetzen, der sowohl der palästinensischen als auch der israelischen Bevölkerung ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht, in dem die Menschenwürde aller in der Region lebenden Menschen geachtet und geschützt wird. Dazu gehört, dass sich die Schweiz für eine durch beide Seiten verhandelte Lösung einsetzt, die im Einklang mit dem Völkerrecht und international vereinbarten Parametern, einschliesslich der Resolutionen des UNO-Sicherheitsrats, ist. Dies beinhaltet auch eine gerechte, umfassende Verhandlungslösung für das Recht auf Rückkehr der palästinensischen Geflüchteten. Entsprechend muss sich die Schweiz für ein Ende der Bombardierungen von Gaza, ein Ende der israelischen Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten und ein Ende der Blockade von Gaza sowie der strukturellen Diskriminierung von Palästinenser:innen in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten einsetzen. Diese Politik stellt ein grosses Hindernis für einen dauerhaften Frieden dar.
Eine feministische Gesellschaft ist eine Gesellschaft, in der alle Menschen unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihrer Religion oder ihrem Geschlecht die Freiheit haben, ein selbstbestimmtes Leben in Würde und Sicherheit zu führen. Eine Gesellschaft, die allen Menschen die gleichen Rechte einräumt und ausnahmslos für ihre Mitglieder sorgt. Und nur in einem Zustand des gerechten Friedens kann eine feministische Gesellschaft zu einer dauerhaften Realität werden. Niemand von uns ist frei, solange wir nicht alle frei sind. Palästina ist da keine Ausnahme.
[1] Rapport d’Amnesty International sur la situation en Israël et les territoires palestiniens occupés, 2022