Die Beratungen und Debatten waren intensiv und verlangten sehr viel ab, was sich gegen Sessionsende in Ermüdung und Schlafmangel zeigte. Zu Letzterem trugen bei einigen auch die vielen Anlässe bei, wobei es da jeweils nicht nur um Apéros und SmallTalk geht. Nebst interessanten Referaten und Podiumsgesprächen war auch Sportliches dabei: Zumba-Fitness, ein frühmorgendlicher Parlamentslauf und eine Radtour. Wer dann noch wissen wollte, ob Blutdruck und Pulswerte gut sind, konnte zum Gesundheitscheck. Inwieweit dieser angesichts verschiedener gehässiger Voten – hoher Blutdruck, rasender Puls – in der Debatte zur Selbstbestimmungsinitiative negativ ausfiel, entzieht sich meiner Kenntnis.
Erhitzte Gemüter hinterliess die Debatte allemal, auch wegen der Filibusterei. Mit einer Rednerliste von 83 Parlamentariern, davon 43 von der SVP, und vielen sich wiederholenden Fragen, die sich SVP-Mitglieder mitunter auch gegenseitig stellten, zeichnete sich bald ab, dass die Zeit nicht reicht. Das war offensichtlich auch das Ziel: Mit einer Verschiebung des Geschäfts wäre die Abstimmung ins Wahljahr 2019 gefallen. Das Ratsbüro setzte indessen eine Open-end-Sitzung an. Schliesslich stimmte der Nationalrat um 23.35 Uhr über die Initiative ab, nachdem am frühen Abend die SVP die Feststellung des Quorums verlangt hatte: Der Rat ist nämlich nur verhandlungsfähig, wenn mindestens 101 Mitglieder anwesend sind. 126 waren im Saal, zahlreiche SVP-Sitze waren indessen nicht besetzt. Offenbar waren viele an einem auswärtigen Anlass oder wussten nichts vom Antrag ihres Fraktionschefs. Einige munkeln, dass die Absenzen willkommen waren, damit die Debatte hätte abgebrochen werden können. Gemäss Wikipedia geht der Filibuster auf die römische Tradition der Ermüdungsrede zurück. Zeit, sich nun etwas zu erholen…