Die Zahlen, die der Vergütungsexperte Urs Klingler hochrechnet hat, sind ein Schlag ins Gesicht der Bevölkerung, die unter der steigenden Prämienlast ächzt. Sie sind das Symptom eines Systems, das auf Fehlanreizen beruht: Nicht die medizinische Notwendigkeit entscheidet darüber, ob ein Eingriff vorgenommen wird, sondern die Menge. Nicht anders ist zu erklären, dass jedes Jahr über 70 Millionen Franken für unnötige Knieoperationen ausgegeben werden, wie der Tages-Anzeiger im letzten Sommer publik machte. Und nicht anders ist zu erklären, dass die lukrativen Privat- und Halbprivatversicherten bis zu 2.6 mal häufiger operiert werden als Grundversicherte, wie der Bund vor knapp 2 Jahren aufzeigte.
Die Ärzteschaft argumentiert, ihre Honorare seien aufgrund ihrer langen Ausbildung und der grossen Verantwortung, die sie trage, gerechtfertigt. Nur: auch andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Spitälern tragen eine grosse Verantwortung: Eine Pflegefachperson mit einem Nachdiplomstudium in Intensivpflege und zehnjähriger Berufserfahrung trägt im wahrsten Sinn des Wortes die Verantwortung für das Leben ihrer Patientinnen und Patienten, und das 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Ihr Lohn: rund 83’000 Franken. Eine Fachperson Betreuung, die Verantwortung für die Lebensqualität von Betagten oder Behinderten trägt, verdient zu Beginn ihrer Berufslaufbahn nicht einmal 56’000 Franken. (Quelle)
Dazu kommt ein weiterer Punkt: Medizin ist Teamwork. Wie soll ein Team gut zusammenarbeiten, wenn einzelne ein vielfaches der anderen verdienen. Lässt sich das auch mit einem mehrfachen an Leistung erklären?
Diese Fehlanreize müssen beseitigt werden. Unser Gesundheitswesen darf kein von der Allgemeinheit finanzierter Selbstbedienungsladen für ein paar Wenige sein. Es handelt sich dabei um einen öffentlichen Auftrag, der den Masstab setzt. Das Vergütungssystem der Ärztinnen und Ärzte darf sich nicht länger an der Menge orientieren, sondern an der medizinischen Notwendigkeit und an der Qualität der Versorgung. Ein Bonus-getriebenes System ist mit einem öffentlichen Gesundheitswesen unvereinbar. Und was die Höhe der Saläre betrifft: Der Lohn einer Bundesrätin, eines Bundesrats, ist die Obergrenze.
Die Politik muss handeln. In einem ersten Schritt will ich vom Bundesrat wissen, welche Massnahmen er einleiten will und habe eine entsprechende Frage für die Fragestunde vom 5. März 2018 deponiert.