Solidarität mit den Menschen in der Türkei

Es ist eingetreten, wovor wir uns gefürchtet haben: Das Verfassungsreferendum in der Türkei ist ganz knapp angenommen worden. Die Repressionen gegen die Opposition, die Einschüchterung ganz normaler Leute und die Beschneidung der Medienfreiheit haben ihre Wirkung erzielt. Zwar wird noch über die Rechtmässigkeit gestritten. Präsident Erdogan feiert sich als Sieger, seine Macht wird nun massiv ausgebaut, die Türkei droht zur Diktatur zu werden. Die Situation für die Kurdinnen und Kurden und für die Oppositionellen wird noch schwieriger werden. Unsere Solidarität mit ihnen ist wichtiger denn je!

Letzten Juni besuchte uns im Bundeshaus in Bern Selahattin Demirtas, der Co-Präsident der prokurdischen Partei HDP. Der Besuch galt als «heikel» und «brisant». Denn kurz davor hatte Präsident Erdogan die Immunität von Demirtas und 137 weiteren missliebigen Mitgliedern des türkischen Parlaments aufgehoben, fast alles Kurdinnen und Kurden. Diese Aufhebung der Immunität war ein neuer, repressiver Höhepunkt. Denn nach dem Wahlerfolg der HDP 2015 hatte Erdogan den laufenden Friedensprozess mit den Kurden als beendet erklärt. Es folgten Repressionen gegen die Behörden und die Bevölkerung in den kurdischen Regionen der Osttürkei. Ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung schlugen die staatlichen Sicherheitskräfte zu, um angebliche Terroristen zu vernichten. Es folgten Ausgangssperren in den kurdischen Städten, massive Zerstörungen von ganzen Stadtteilen und tausende Enteignungen. Über 400‘000 Menschen wurden in ihrem eigenen Land vertrieben. Gemäss Menschenrechtsvertretern wurden bei den Unruhen über 600 Zivilisten getötet, darunter viele junge Männer.

Auf diese Missstände wies Demirtas bei seinem Besuch in Bern hin, auf die systematische Zerstörung der offenen, multikulturellen Gesellschaftsstrukturen in den kurdischen Städten. Aber auch auf die Situation in Istanbul, wo Erdogan brutal gegen die friedliche Gezi-Park-Bewegung vorgegangen war. Und er rief den Westen auf, Solidarität mit den gewaltfrei für ihre Rechte einstehenden Menschen in der Türkei zu zeigen.

Zwei Wochen nach seinem Besuch reiste ich mit einer kleinen Gruppe in die Stadt Diyarbakir in der Osttürkei. Wir besuchten zehn NGOs und trafen zahlreiche politische Verantwortliche der verschiedenen Behörden. Was wir sahen und in den Gesprächen hörten, bestätigte das, was uns zuvor geschildert wurde: Repression, Zerstörung, Ohnmacht.

In den Strassen begegneten wir den überall stationierten gepanzerten Wagen der nationalen Sicherheitskräfte. Hinter den verbarrikadierten Altstadtgassen hörten wir die Bulldozer, die ganze Stadtteile platt walzten. Die Basar-Strassen, in denen normalerweise das Leben pulsierte, waren fast menschenleer, die zerschossenen Fensterläden heruntergelassen. Die Co-Bürgermeisterin und der Co-Bürgermeister schilderten uns, dass jeglicher Dialog von Ankara verweigert werde, dass die Situation vor allem für die Jungen immer schwieriger werde und eine Eskalation immer wahrscheinlicher. Die Besorgnis war gross, trotzdem jammerte niemand, aber alle forderten uns auf, Solidarität mit ihnen zu zeigen. Europa solle auf die bedrohliche Situation in diesem Landesteil aufmerksam werden.

Zwei Wochen nach unserer Rückkehr aus Diyarbakir fand der Putschversuch statt. Eine kaum vorstellbare Repressionswelle der Regierung überrollte das ganze Land. Plötzlich waren zehntausende Menschen Staatsfeinde. Der Lehrer von nebenan, die Staatsanwältin von gegenüber, der Polizist vom nächsten Posten. Erschrocken mussten wir feststellen, dass die Säuberungswelle sich nun über das ganze Land zog – wie vorher schon über die Südosttürkei.

Fast alle Personen, die wir letzten Juni in Diyarbakir getroffen hatten, sind mittlerweile ihres Amtes enthoben oder inhaftiert, genauso wie landesweit tausende kritische Kräfte aus Politik und Zivilgesellschaft, Intellektuelle und Journalistinnen und Journalisten. Das Flüchtlingscamp der Yesiden in der Nähe von Diyarbakir und der Unterstützungsverein Rojava sind beide aufgelöst.

190 Medienhäuser sind geschlossen worden und hunderte NGOs, die sich für Menschenrechte, Frauenrechte, Kurdenrechte einsetzen, sind verboten worden. Parlamentarierinnen und Parlamentarier werden heute daran gehindert, ihr Amt auszuüben, viele sind zu jahrelangen Strafen verurteilt worden. Die Medien- und Meinungsfreiheit wird unterdrückt, die Demokratie mit Füssen getreten, die Rechtsstaatlichkeit ausgehöhlt.

Es ist unbestritten: Wer in der Türkei einen Putschversuch anzettelt oder Terroranschläge verübt, muss zur Rechenschaft gezogen werden. Bloss: Präsident Erdogan nutzt dies als Vorwand, um gleichzeitig die Opposition mundtot zu machen. Und Erdogans Arm ist lang. Auch hier bei uns werden türkische Menschen ausspioniert und unter Druck gesetzt und es wird zur Denunziation aufgerufen. Aber wir lassen keine Spaltung der türkischen Bevölkerung hier bei uns zu. Wir wollen uns gemeinsam einsetzen für Demokratie und für die Respektierung der Menschenrechte, hier bei uns und in der Türkei.

Die Situation der Inhaftierten in den türkischen Gefängnissen ist dramatisch. So dramatisch, dass über 170 politische Gefangene seit Februar in einen Hungerstreik getreten sind. Ihr Ziel ist der Protest gegen die Menschenrechts­verletzungen in den Gefängnissen und das totalitäre Züge aufweisende System in der Türkei. Zudem verlangen sie, dass der Friedensprozess mit den Kurden wieder in Gang gesetzt wird. Unabhängig davon, wie nun das Verfassungsreferendum ausgegangen ist, muss jetzt rasch gehandelt werden, viele der streikenden Frauen und Männer sind in einem ernsthaften gesundheitlichen Zustand.

  • Wir fordern deshalb die Türkei auf, alle politischen Häftlinge und alle Oppositionellen, Journalisten und Menschenrechtsvertreterinnen frei zu lassen.
  • Wir fordern, dass Delegationen des IKRK und des Antifolterkomitees Zugang zu den Gefängnissen erhalten und die Haftbedingungen sofort verbessert werden.
  • Wir fordern, dass die Demokratie und Rechts­staatlichkeit wieder hergestellt werden.
  • Wir fordern, dass die Repression gegen das kurdische Volk gestoppt wird und die demokratisch gewählten Bürgermeister und Bürgermeister wieder eingesetzt werden.
  • Wir fordern, dass der Krieg in der Osttürkei und Syrien beendet wird.
  • Wir fordern von unseren Regierungen, dass sie Erdogan unmissverständlich auffordern, die Menschenrechte, die Meinungsfreiheit und demokratischen Grundrechte wieder einzuhalten.
  • Wir fordern unsere Bevölkerung auf, zeigt Solidarität mit den Kurdinnen und Kurden und den verfolgten Oppositionellen.

Zeigen wir an diesem Ostermarsch Solidarität mit den Menschen in der Osttürkei und setzen wir uns ein für eine Zukunft mit mehr Frieden, Freiheit und Menschenrechte!

Rede am Internationalen Bodensee-Friedensweg vom 17. April 2017

Ansprechpartner:innen zu diesem Thema

Claudia Friedl

Claudia Friedl

Nationalrätin SG

Claudia Friedl

Claudia Friedl

Nationalrätin SG

Claudia Friedl

Claudia Friedl

Nationalrätin SG

Beitrag teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Animation laden...Animation laden...Animation laden...

Newsfeed

Du hast Fragen zur Mitgliedschaft oder dem Mitgliedschaftsformular? Wir helfen gerne.

Häufige Fragen

Am einfachsten, indem Du online das Beitrittsformular nebenan ausfüllst.

Du kannst selbst entscheiden, welches Engagement für Dich am besten passt.

  • Wenn Du wenig Zeit hast, ist es absolut in Ordnung, wenn Dein Engagement sich vor allem darauf beschränkt, Deinen Mitgliederbeitrag zu bezahlen. Auch das hilft uns sehr, um die Schweiz und die Welt zu einem besseren Ort zu machen.
  • Die Sektion, bei welcher Du Mitglied bist, wird Dich eventuell hin und wieder anfragen, ob Du Zeit hättest, bei einer Standaktion, einer Unterschriftensammlung oder einer Telefonaktion mitzumachen. Falls Dir das zusagt, sind wir sehr froh darüber – aber es ist natürlich völlig freiwillig.
  • Die meisten Sektionen führen regelmässig Mitgliederversammlungen durch, um die aktuellsten politischen Themen und Aktivitäten zu besprechen. Die Teilnahme daran ist natürlich ebenfalls völlig freiwillig. Aber es kann ein guter Ort sein, um neue Leute kennenzulernen.
  • Falls Dich ein Themengebiet besonders bewegt, kannst Du Dich in einer Themenkommission der SP Schweiz oder Deiner Kantonalpartei engagieren, oder in einer der Unterorganisationen wie den SP Frauen, den SP Migrant:innen, der SP 60+ oder der SP queer.
  • Häufig gibt es auch die Möglichkeit, ein partei-internes Amt, z.B. im Vorstand Deiner Sektion zu übernehmen.
  • Falls Du das möchtest, kannst Du mit Deiner Sektion auch Kontakt aufnehmen, um über eine Kandidatur für eine öffentliches Amt zu sprechen, z.B. in der Schulpflege Deines Wohnortes.

Um unsere Werte verteidigen zu können, braucht es finanzielle Mittel. Die SP ist eine Mitgliederpartei und schöpft ihre Stärke aus dem Engagement ihrer Mitglieder.
Die Mitgliederbeiträge werden von den Kantonalparteien und den Sektionen unterschiedlich festgelegt und sind abhängig von Deinem steuerbaren Einkommen. Wir folgen unseren eigenen politischen Forderungen: Wer wenig verdient, bezahlt wenig, und wer viel verdient, beteiligt sich mehr an den Kosten von Partei und Politik.
In der Regel fallen jährlich je nach Einkommen Kosten zwischen circa 80 und einigen Hundert Franken an. Die Mitgliederbeiträge werden jährlich erhoben.

Ja, selbstverständlich! Du kannst der SP beitreten, ohne den Schweizer Pass zu haben. Denn alle Menschen, die in der Schweiz leben, sollen in der Politik mitdiskutieren können.

Du hast verschiedene Möglichkeiten, Dich einzubringen. Wenn Du an Deinem Wohnort aktiv werden möchtest, wendest Du Dich am besten an die Sektion Deiner Gemeinde oder Deines Quartiers. Diese ist auch die richtige Anlaufstelle für den Einsatz in einem öffentlichen Amt (Gemeinderat, Schulpflege, Sozialbehörde…).
Du kannst Dein Wissen und Können auch innerhalb der Partei einbringen. Die SP sucht immer Leute, die sich in der Parteiorganisation engagieren (Gemeinde, Bezirk, Kanton, Themenkommissionen).

Melde Dein Interesse bei den Verantwortlichen Deiner Ortssektion an. Die Sektion nominiert SP-Kandidierende für öffentliche Ämter, sei dies für den Gemeinderat oder die lokalen Schul-, Sozial- oder Finanzbehörden. Die Ortssektion bildet oft auch für Ämter auf übergeordneter Ebene (Kantons- oder Grossrat) den Ausgangspunkt des parteiinternen Nominationsprozesses.

Abgesehen von der Zahlung des jährlichen Mitgliederbeitrags gehst Du keine Verpflichtungen ein. Voraussetzung für den Beitritt ist eine inhaltliche Nähe. Dies bedingt jedoch nicht, dass Du in allen Fragen mit der SP gleicher Meinung sein musst.

Die Statuten der SP Schweiz verbieten die gleichzeitige Mitgliedschaft in mehreren Schweizer Parteien.
Doppelbürger:innen können Mitglied der SP Schweiz und Mitglied einer ausländischen Schwesterpartei sein, beispielsweise der deutschen SPD oder des italienischen Partito Democratico. Die Mitgliedschaft bei der SP Schweiz ist für Angehörige von Schwesterparteien gratis, sofern sie belegen können, dass sie in ihrem Heimatland Mitgliederbeiträge an eine Sozialdemokratische Partei entrichten.

Ja. Auch im Ausland kannst du dich als Mitglied der SP Schweiz in die Politik einbringen. Wenn Du Deinen Wohnsitz im Ausland hast, wirst du automatisch Mitglied der SP International.

Für JUSO-Mitglieder besteht bis zum Alter von 26 Jahren die Möglichkeit einer kostenlosen SP-Mitgliedschaft. Ein entsprechender Antrag kann per Mail an [email protected] gestellt werden.

Das bietet Dir die SP

Was Du von der SP erwarten darfst.

Du bist nah dran an der Politik: Wir schicken Dir unsere Aufrufe, Newsletter sowie sechs Mal jährlich unser Mitgliedermagazin “links”. Du kannst Dich mit Gleichgesinnten vernetzen.

Du kannst von andern lernen und Dich mit Deinem Wissen und Können auf verschiedenen Ebenen in der Partei einbringen.
Gemeinsam schaffen wir eine bessere Zukunft!

Keine Demokratie ohne Bildung. Wir bieten Dir Webinare und Seminare zu Hintergrundwissen und aktuellen politischen Themen.