Der bundesrätliche Vorschlag folgt zu sehr einer Sanierungslogik und blendet die Tatsache der heute zu tiefen Altersrenten aus. Er lässt einmal mehr das Verfassungsziel der Fortsetzung der gewohnten Lebensweise unerfüllt. So sind die Renten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Tieflohnsektor, von Teilzeitarbeitenden oder von Personen, die ihre Familien betreuen, völlig ungenügend. Ohne eine schnelle Verbesserung der Renteneinkommen im mittleren und tiefen Lohnsegment – das betrifft vor allem Frauen – bleibt die Reform deshalb unvollständig und kaum mehrheitsfähig. Dieses Ziel lässt sich effizient nur über die AHV erreichen, welche ein einfacheres und ertragreicheres Modell als die 2. Säule darstellt.
Das Rentenalter für alle auf 65 zu erhöhen ist unrealistisch und führt faktisch zu noch tieferen (Frauen-)Renten. Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden häufig auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert und vom Erwerbsleben auf verschiedenste Arten (prekäre Frühpensionierungen, Langzeit-Arbeitslosigkeit, Invalidisierung, Abschieben auf schlechter bezahlte Jobs) ausgeschlossen. Besonders auffällig ist die Situation ab dem 60. Altersjahr. Je höher das Rentenalter, desto tiefer sind die so erzwungenen Frührenten. Sinnvoll und notwendig ist vielmehr ein voller Rentenanspruch ab spätestens 62.
Die demografischen Horrorszenarien, welche von einer „Überalterung“ unserer Gesellschaft sprechen und als Konsequenz das Ausbluten der aktiven Generation in Aussicht stellen, halten einer näheren Überprüfung nicht stand. Im Gegenteil: Die SP60+ stellt fest, dass die Gesamtbelastung der aktiven Generation durch die älteren und jüngeren Bevölkerungsgruppen in den letzten Jahrzehnten weniger stark gewachsen ist als die Wirtschaftleistung. Und dies wird voraussichtlich auch in den nächsten Jahrzehnten so bleiben. Das Umfeld ist somit günstig, um die dringendsten Lücken und Mängel im heutigen System der Altersvorsorge zu schliessen.