Die Sonderausstellung «Landesstreik 2018» in Schaffhausen ruft uns die Not der Schweiz vor hundert Jahren in Erinnerung. Ein grosser Teil der Bevölkerung war verarmt, litt Hunger und war arbeitslos. Wer Arbeit hatte, konnte vom Verdienst nicht leben. Die Bilder der Ausstellung machen betroffen, auch weil sie an die aktuellen Verhältnisse in vielen Drittweltländern erinnern.
Der Landesstreik war ein Etappensieg auf dem Weg zum Sozialstaat und zur Sozialpartnerschaft. Damals war die Schweiz tief gespalten. Die Arbeiterschaft radikalisierte sich und war nicht mehr bereit dieses Elend zu akzeptieren. Das Bürgertum seinerseits hatte Angst vor einem Umsturz und sah sich zu Eingeständnissen gezwungen. Viele heute breit akzeptierte Anliegen fanden ihren Ursprung im Landesstreik. Bereits 1918 wurden der Achtstundentag und die 48-Stunden-Woche eingeführt. Drei Jahrzehnte später wurde die Forderung nach einer AHV und IV erfüllt und das von der Arbeiterschaft damals schon geforderte Frauenwahlrecht liess gar ein halbes Jahrhundert auf sich warten.
Der Durchbruch zum sozialen Frieden gelang dann 1937 mit dem Friedensabkommen. Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen einigten sich darauf, Arbeitskonflikte am Tisch und nicht auf der Strasse zu lösen. Diese Sozialpartnerschaft bringt bis heute enorme wirtschaftliche Vorteile, die sich im Vergleich zeigen: Auf einen Streiktag in der Schweiz wird in Frankreich rund 150 Tage gestreikt. Dieses Frühjahr hat die französische Staatsbahn während drei Monaten die Arbeit niedergelegt. Reisende blieben in Bahnhöfen stecken, Güter wurden von der Schiene auf die Strasse verlagert. Der wirtschaftliche Schaden war enorm.
Für uns hingegen ist der soziale Frieden zur Selbstverständlichkeit geworden. Ausstellungen wie diejenige in Schaffhausen erinnern daran, dass dieser wichtig ist und gepflegt werden muss. Nutzen Sie die Ferienzeit, um zusammen mit Kindern und Enkeln sich mit unserer Geschichte auseinanderzusetzen, damit bei uns nicht auch «Grève» oder «Sciopero» ausgerufen werden muss.