Wir diskutieren in der Aussenpolitik gerade über Sinn und Zweck von Sanktionen. Also darüber, wie wir das als Schweiz so handhaben sollten. Konkret geht es um unser Mitmachen mit der EU gegen Maduros Venezuela. Wir monieren, dass die Schweiz unterschiedlich unterwegs ist, wenn es zum Beispiel um die blossen Umgehungsregeln bei westlichen Sanktionen gegen Russland geht. Richtig ist auch der Einwand, dass hier die EU, nicht die UNO wirtschaftlich straft. Und noch richtiger und darum unappetitlicher sind alle Einwände gegen die schweizerische Aussenwirtschaftspolitik, die kalt schwitzt vor Opportunismus. Nennen wir sie inkohärent. Oder ganz einfach eine Schande. Ich meine Waffenexporte in Kriegsgebiete. Von Chemikalien ganz zu schweigen. Empörung ist jetzt nicht so mein Ding. Aber dennoch müssen wir uns gegen solche Händel weiterhin mit aller Kraft und Überzeugung wehren.
Doch zurück zu Maduro: Die schweizerische Aussenpolitik hat eine Kraft, weil es sie endlich überhaupt gibt. Das war früher nicht so. Da haben sich alle hinter einer „Neutralität“ versteckt, die es so niemals hätte geben dürfen. Das war gut für die Geschäfte, zum Beispiel mit dem Apartheid-Regime in Südafrika. Neutralität hiesse aber eigentlich: Keine Parteinahme bei bewaffneten zwischenstaatlichen Konflikten. Voilà! Neutral ist man sonst nie – auch völkerrechtlich nicht – wenn man wegschaut, wenn Menschenrechte in Frage stehen. Das gilt für die Türkei, für China und alle weiteren Autokratien, mit welchen wir den freien Handel feiern oder feiern wollen. Das gilt aber auch für Kuba und für Venezuela. Menschenrechte sind unteilbar. Und unsere Aussenpolitik sollte es erstens weiterhin geben. Und zweitens sollte sie einen Kompass haben. Die Nadel dieses Kompasses wird schon in unserer Bundesverfassung gerichtet: Für Frieden, Freiheit und Menschenrechte. Darum müssen wir dieser Nadel Sorge tragen. Und weiterhin für eine aktive, humanitäre Aussenpolitik einstehen. Und nicht mit unseren innenpolitischen Gegnern flirten: Freiheit ist auch ein Teil unseres europäischen Wertesystems und unserer gemeinsamen Grundlage zu handeln oder eben nicht. Dazu gehört zuerst unser Einsatz gegen Waffenexporte. Eine bewusst verschlampte Hausaufgabe. Dazu gehört aber auch, dass wir uns nicht kleiner machen, als wir sind. Fertig Kleinstaat: Wir gehören zu den zwanzig stärksten Handelsmächten der Welt – und wir haben oder hätten auch humanitär etwas zu sagen. Dies sollten wir in unserer Aussenpolitik, unserer Wirtschaftspolitik und in der Entwicklungszusammenarbeit wieder in den Fokus stellen. Auf alle Fälle sicher nicht ein „neutrales“ Feigenblatt sein. Das können wir besser.
Und darum zusammenfassend: Ja, die Schweiz soll eine eigenständige Aussenpolitik betreiben. Ja, die Schweiz soll nicht einfach machen, was die anderen machen. Aber diese anderen sind ein Teil dieser Aussenpolitik. Freunde halt. Die darum vieles ähnlich sehen. Auch wenn es gegen ein selbstdeklariert „linkes“ Regime wie bei Maduro geht. Von dieser gemeinsamen Haltung sollten wir profitieren und nicht vom Gefühl einer seltsamen Solidarität oder unserem Portemonnaie.