USR III: Aktionärsreichtum um Milliarden vermehrt, doch Familienarmut bleibt

Die rekordhohen Ausschüttungen an die Aktionäre seit der Unternehmenssteuerreform II (USR II) sind entweder total steuerfrei oder nur teilbesteuert (zu 30 bis 60% je nach Kanton). Die aktuell im Parlament debattierte USR III korrigiert das nicht und will sogar das Gegenteil bewirken: Aktionäre, die überschüssiges Eigenkapital in ihrer AG, GmbH oder Kommandit-AG belassen, sollen dafür vom Staat einen fiktiven Zins erhalten - im Klartext eine indirekte Subvention in Form eines neuen Steuerabzugs vom Gewinn.

Die Öffentlichkeit muss wissen, dass aus einer Null-Schätzung im Abstimmungsbüchlein zur Unternehmenssteuerreform II bis Ende 2015 1‘047‘000‘000‘000 CHF (über 1‘000 Milliarden!) zur steuerfreien Ausschüttung genehmigte Kapitaleinlagereserven geworden sind.

Seit dem Inkrafttreten der USR II am 1. Januar 2011 entwickelten sich die effektiven steuerfreien Ausschüttungen an Aktionäre aus Kapitaleinlagereserven wie folgt:

  • 2011: 21.6 Milliarden Franken
  • 2012: 99.4 Milliarden Franken
  • 2013: 93.1 Milliarden Franken
  • 2014: 57.8 Milliarden Franken
  • 2015: 109.8 Milliarden Franken

Quelle: Eidgenössische Steuerverwaltung

Die Aktionäre profitieren in der Schweiz mehrfach:

  • Keine oder tiefe Einkommenssteuern auf den Ausschüttungen;
  • ein höherer Aktienwert aufgrund gigantischer steuerfreier Kapitaleinlagereserven (siehe oben), vor allem bei den börsenkotierten Gesellschaften;
  • dadurch höhere Gewinne beim Verkauf;
  • sowie keine Kapitalgewinnsteuer beim Verkauf der Aktien.

Aktionäre werden damit krass unterbesteuert gegenüber Inhaberinnen und Inhaber von Personengesellschaften und Einzelfirmen, aber auch gegenüber Arbeitnehmenden sowie Rentnerinnen und Rentner. Der verfassungsmässige Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie die Rechtsformneutralität werden dadurch verletzt.

Raubzug auf die öffentlichen Kassen

Die knappe Ständeratsmehrheit (22 zu 20) vom 9. Juni 2016 will den Kantonen eine flächendeckende Minimierung des steuerbaren Gewinns von Aktiengesellschaften, GmbHs und Genossenschaften mit der sogenannten zinsbereinigten Gewinnsteuer erlauben.

Die Mehrheit des Ständerats vergisst dabei, dass dieser umstrittene Steuerabzug nur in wenigen Ländern (Brasilien, Litauen, Luxemburg, Belgien und Liechtenstein) praktiziert wird und dort zu einer Riesenbürokratie sowie regelmässigen politischen Auseinandersetzungen um die Berechnungsformel führt. So zuletzt im liechtensteinischen Landtag im Mai 2016, als bekannt wurde, dass die Liechtensteinischen Kraftwerke (LKW) 2015 mit einem Gewinn von 10 Millionen Franken wegen dieser zinsbereinigten Gewinnsteuer keine Gewinnsteuern mehr bezahlten.

Die Ständeratsmehrheit sagt der Bevölkerung nicht, dass diese zinsbereinigte Gewinnsteuer Löcher in die öffentlichen Kassen reissen wird, die dann durch Leistungsabbau oder durch Steuererhöhungen für die Bürgerinnen und Bürger kompensiert wird. Dabei ist ebenso zu vermerken, dass ein kantonaler Gewinnsteuersatz von z.B. 15% bei den Aktiengesellschaften noch eine effektive Steuerbelastung von 12.2% ausmacht , da die Aktiengesellschaft ja die Steuern als geschäftsmässig begründeten Aufwand abziehen kann – im Gegensatz zu Arbeitnehmenden, Rentnerinnen und Rentnern sowie Selbständigerwerbenden.

Statt Armutsbekämpfung – masslose Vermehrung des Aktionärsreichtums

Während Mehrheiten von rechts (inklusive CVP) im ganzen Land einen menschenverachtenden Negativwettlauf zulasten der wirtschaftlich Schwachen, besonders der Kinder und Jugendlichen, der Familien, der IV-Rentnerinnen und der EL-Bezüger veranstalten, wird der Steuerwettlauf zwischen den Kantonen nach unten zugunsten einer masslosen Vermehrung des Aktionärsreichtums mit der Unternehmenssteuerreform III in noch nie dagewesenem Ausmass angeheizt.

Geradezu zynisch ist es, dass der Bundesrat am 25. Mai 2016 das Postulat 16.3216 von SP-Nationalrätin Valérie Piller-Carrard für einen Bericht zur Armut zur Ablehnung empfiehlt, da es in der Schweiz «zu wenig Geld gebe, um Familienarmut zu bekämpfen»! Fakt ist, dass 6,6% oder 530‘000 Menschen in der Schweiz in Armut leben, darunter am meisten Familien.

Daher handelt die SP konsequent, wenn sie ihrer Vernehmlassungsantwort sowie dem Parteitagsbeschluss vom Juni 2014 treu bleibt und das Referendum gegen die USR III ergreift.

Wer die Grundsätze unserer Bundesverfassung und damit auch die Steuergerechtigkeit sowie die Verteilungsgerechtigkeit in unserer Gesellschaft hochhält, wird dieses Referendum unterstützen!

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