Vater sein ist kein Urlaub

In den letzten 10 Jahren sind 25 Anläufe für die Einführung eines Eltern- oder Vaterschaftsurlaubes im Parlament gescheitert. Vor ein paar Wochen erfolgte die 26. Absage: Der Nationalrat hat die Einführung eines zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubes abgelehnt. Darum ist richtig, dass eine breite Allianz von 140 Organisationen jetzt eine Volksinitiative für 20 Tage Vaterschaftsurlaub lanciert hat und dass die SP diese unterstützt.

Die SP hat dieses Begehren von Beginn an unterstützt, auch wenn viele von uns der Meinung sind, dass die Elternzeit eine noch bessere Lösung wäre. Zum einen aufgrund der Freiheiten, die mit einer Elternzeit ermöglicht werden, zum anderen weil der Begriff «Vaterschaftsurlaub» die falschen Signale setzt. Denn, wie alle wissen, die schon Eltern sind: Die ersten Monate mit einem Neugeborenen haben nur wenig Ähnlichkeiten mit einem Urlaub. Angemessener finde ich deshalb, von einer Vaterzeit oder Elternzeit zu sprechen[1]. 

Es geht ja schliesslich um die simple Forderung, Männern dieselben Rechte zuzugestehen. Auch ihnen zu ermöglichen, was wir Frauen schon heute können – nämlich von Geburt an eine enge Beziehung zu unseren Kindern aufbauen, in dem wir in den ersten Tagen, Wochen und Monaten für sie da sind. Väter brauchen diese Zeit genauso und es ist ein Hohn, dass wir diese Ungerechtigkeit nicht schon längst beseitigt haben. Fürs Kindermachen braucht es mindestens zwei, fürs Kinderbetreuen ebenso.

Fürs Kindermachen braucht es mindestens zwei, fürs Kinderbetreuen ebenso.

Die Elternzeit ist ein gutes Instrument für mehr Gerechtigkeit auf beiden Seiten. Sie sorgt dafür, dass die zahlreichen Stunden, die Mütter (und Väter) schon heute unbezahlt für die Kinderbetreuung leisten, anerkannt werden. Mit einer Elternzeit können Eltern frei einteilen, wer wann die Betreuung des Neugeborenen übernimmt. Die Elternzeit erkennt an, dass Paare gemeinsam die Verantwortung für ihre Kinder tragen wollen, dass auch Männer den Wunsch haben, ihre Kinder zu betreuen und dass manche Familien auf zwei Löhne angewiesen sind. In Schweden wurde ein solches Modell bereits in den 1970er-Jahren eingeführt. Schwedische Paare können 480 Tage Elternzeit beziehen, verteilt auf bis zu 8 Jahre. Mindestens 60 Prozent dieser Elternzeit müssen zwingend von einem Elternteil bezogen werden. Nach einem zögerlichen Start – nur wenige Männern nutzten die angebotene Elternzeit zu Beginn– beziehen heute circa 42 Prozent aller Männer in Schweden Elternzeit, und zwar vom Bäcker bis hin zum Regierungsbeamten.

Mit der Forderung nach einer Elternzeit konnten wir uns im Parlament aber leider nicht durchsetzen. Auch die abgemilderte Variante des Vaterschaftsurlaubes  ist, wie zu Beginn erwähnt, abgeschmettert worden. Ich bin deshalb froh, dass sich ein Zusammenschluss von 140 Organisationen mit einer Volksinitiative für die Rechte von Vätern einsetzt und unser Anliegen ausserhalb des Parlaments weiterträgt. Vier Dachverbände der Arbeitnehmenden (Travail.Suisse), der Männer- und Väterorganisationen (männer.ch), der Frauenorganisationen (Alliance F) und der Familienorganisationen (Pro Familia Schweiz) haben sich zum Verein «Vaterschaftsurlaub jetzt!» (www.vaterschaftsurlaub.ch) zusammengeschlossen und fordern 20 Tage bezahlten Vaterschaftsurlaub – flexibel und tageweise innert einem Jahr nach der Geburt zu beziehen. Die Initiative ist erfolgreich angelaufen und hat viral schon mal den ersten Rekord gebrochen: Auf der Internetplattform We collect sind nur 24 Stunden nach der Lancierung bereits über 10‘000 Unterschriftenbögen angefordert worden. Das lässt auf Erfolg hoffen.

Gemeinsam mit anderen fortschrittlichen Kräften hat die SP bereits erreicht, dass 2003 ein vierzehnwöchiger Mutterschaftsurlaub eingeführt wurde. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir auch bei den Männern für Gleichstellung sorgen.

Die SP Schweiz unterstützt die Initiative und hat das an der Delegiertenversammlung vom 16. April in La Chaux-de-Fonds einstimmig beschlossen. Dass sich unsere Partei für dieses Anliegen einsetzt ist ja nicht neu: Gemeinsam mit anderen fortschrittlichen Kräften hat die SP bereits erreicht, dass 2003 ein vierzehnwöchiger Mutterschaftsurlaub eingeführt wurde. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir auch bei den Männern für Gleichstellung sorgen.

[1] Auch bei Müttern ist der Begriff «Mutterschaftsurlaub» schwierig, aber trifft es zumindest ein bisschen. Für Frauen ist eine Geburt nicht nur eine emotionale, sondern auch eine sehr körperliche Erfahrung, die Spuren hinterlässt. Der Mutterschaftsurlaub stellt sicher, dass Frauen diese Zeit zur Heilung erhalten. Bei Frauen entspricht der Urlaub deshalb nicht nur einem gesetzlich geregelten Zeitraum, in dem sie die ersten Monate mit ihrem Neugeborenen verbringen und sich um dieses kümmern können, sondern auch einer Zeit der Genesung. Die Elternzeit ist deshalb auch dringend als Ergänzung zum Mutterschaftsurlaub zu sehen.

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