Vielen Dank, Herr Müller

Sehr geehrter Herr Müller, zunächst einmal ganz herzlichen Dank dafür, dass Sie in den Sonntagsmedien vom 22. Februar ganzseitige Inserate zu unserem Parteitag geschaltet haben. Die SP kann sich im Gegensatz zur FDP keine Inserate für rund 100‘000 Franken leisten, aber dank Ihnen weiss jetzt die ganze Schweiz, dass wir unsere Wahlplattform verabschiedet haben. Chapeau!

Inhaltlich sind wir – das wird Sie nicht überraschen – meilenweit voneinander entfernt. Lassen Sie mich Ihr reaktionäres, in jeder Hinsicht einseitiges neoliberales Pamphlet in einem Satz zusammenfassen: Die Wirtschaft hat das Primat, ihr ist alles zu unterwerfen.

Dieser schon fast irre Glauben an die angeblich nach Naturgesetzen handelnde und denkende freie Marktwirtschaft durchdringt jeden Satz Ihres ideologischen Manifestes. Absurd sei es, in die Politik der SNB hineinzureden! Die Unternehmen dürften nicht in ein Korsett gezwängt werden! Politik habe nur eine Aufgabe: die Rahmenbedingung für die Wirtschaft zu verbessern!

Wirklich: Uns trennen Welten. Zum Glück. Mich fasziniert immer wieder, was Menschen mit einem solch geringschätzenden Verständnis von Politik in der Politik tun. Reine Zudiener der Wirtschaftselite? Claqueure der zunehmenden Vermögensungleichheit? Wasserträger für das Finanzkapital?

Lassen Sie mir Ihnen – um den Unterschied ganz deutlich zu machen – drei Sachen mit ins Wahljahr geben:

  1. Doch, wir haben den Anspruch, dass unsere Politikerinnen und Politiker in allen Bereichen tätig werden und gestalten, also auch in Ihrer Tabuzone Wirtschaft. Wir sind überzeugt davon, dass Wirtschaft als wesentlicher Teil der Gesellschaft nicht den Kapitalinteressen ausgeliefert sein darf, sondern durch demokratische Politik gestaltet werden muss. Demokratie lässt sich nur ganz oder gar nicht denken.
  2. Regulieren heisst Politik machen. Und der Staat, das sind tatsächlich wir – Menschen, eine Gesellschaft. Ihr Pakt der Deregulierung ist nichts anderes als ein Anti-Politik- und Anti-Gesellschafts-Programm. Gemeinsinn Adieu!
  3. Und selbst wenn es abgedroschen klingt: Wir wollen eine Wirtschaft, die im Dienst der Menschen steht und nicht umgekehrt. Dafür stehen wir ein, unverdrossen.

Es grüsst Sie

Leyla Gül

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