Rund 15‘000 Menschen aus Eritrea leben derzeit als Flüchtlinge in der Schweiz, rund 9000 von ihnen standen Ende 2014 bei uns noch in einem Asylprozess. Das sind so viele wie aus keinem anderen Land, auch nicht aus Syrien
Nahezu alle dieser Frauen, Kinder und Männer aus diesem verhältnismässig kleinen afrikanischen Staat am Roten Meer werden bei uns von den Behörden im völligen Einklang mit allen anderen Ländern Europas als Flüchtlinge anerkannt oder erhalten eine vorläufige Aufnahme, unter anderem weil…
… seit der Erlangung der Unabhängigkeit im Jahr 1991 in Eritrea eine Übergangsregierung unter Isayas Afewerki an der Macht ist, der mit eiserner Hand herrscht, vergleichbar mit den Verhältnissen in Nordkorea,
… es nur eine einzige Einheitspartei gibt, ebenfalls von Afewerki kontrolliert,
… die vor bald 20 Jahren verabschiedete Verfassung nie in Kraft gesetzt wurde,
… die Bürgerinnen und Bürger des Landes unbeschränkt in die Armee eingezogen und hier zu Fronarbeit gezwungen werden – was von der in solchen Fragen gewiss unverdächtigen NZZ schlicht als Sklaverei bezeichnet wird…
…es in Eritrea derzeit 10‘000 politische Gefangene gibt,
… Angehörige von Flüchtlingen in diesem Überwachungsstaat finanziell erpresst werden.
… Eritrea in der jährlichen Erhebung der UNO zum Entwicklungsstad unter 187 Ländern auf dem 182. Rang liegt,
… Eritrea in Klassement der Weltbank zum weltweiten pro-Kopf-Einkommen an zweitletzter Stelle liegt und in einer anderen Untersuchung zur Pressefreiheit das Land schlicht auf dem letzten Platz fungiert…
…in Eritrea zusammengefasst brutale Unterdrückung und ganz üble Repression herrscht. Wer nämlich das Land illegal verlässt – und das tun praktisch alle, die in die Schweiz kommen – muss bei einer Rückkehr mit drakonischen Strafen, Folter oder Tod rechnen.
Das sind einige der wichtigsten Gründe, weshalb Asylsuchende aus Eritrea in der Schweiz Schutz benötigen und ihn auch erhalten.
Das ist nämlich nichts als absolut richtig so. Denn wenn kein europäisches Land Asylsuchende aus Eritrea weg weist, wenn diesbezüglich komplette Übereinstimmung vorliegt, gibt es auch für die Schweizer Behörden nur eine Konklusion: Man muss zwingend davon ausgehen, dass die Lage in Eritrea ohne jeden Zweifel dramatisch ist. Niemand flieht, der nicht fliehen muss, zumal jeder Flüchtling aus Eritrea auf dem angestrebten Weg nach Europa den Tod riskiert, nicht zuletzt auch aufgrund des menschenverachtenden Verhaltens skrupelloser Schlepper.
In Zusammenhang mit Flüchtlingen aus Eritrea den ohnehin umstrittenen Begriff «Wirtschaftsflüchtlinge» zu verwenden, ist also so falsch wie unpassend. Und genauso daneben ist die Verharmlosung der Lage in Eritrea, zu der sich FDP-Präsident Philipp Müller hinreissen liess. «Wem Freiheit etwas bedeutet, der sollte die Unterdrückung in einem Land wie Eritrea anprangern und nicht verharmlosen» – so kommentierte Müllers seltsame Äusserung nicht irgendein linkes Medium. Sondern die NZZ.
In Zusammenhang mit Flüchtlingen aus Eritrea den ohnehin umstrittenen Begriff «Wirtschaftsflüchtlinge» zu verwenden, ist so falsch wie unpassend.
Und wie reagiert die Sünnelipartei ein paar Monate vor den Wahlen im Oktober?
Sie prügelt verbal auf Bundesrätin Sommaruga ein und schreit nach Notrecht und Armee! Per Notrecht, so verlangt in der Tat die SVP, soll das Asylgesetz der Schweiz für mindestens ein Jahr ausser Kraft gesetzt werden. In dieser Zeit dürften keine positiven Asylentscheide gefällt oder vorläufige Aufnahmen ausgesprochen, keine humanitären Visa erteilt und keine Kontingentsflüchtlinge aufgenommen werden. Gesuche auf Familiennachzug von Personen im Asylbereich oder anerkannten Flüchtlingen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, seien abzulehnen. Um dies durchsetzen zu können, seien die Grenzen wieder systematisch zu kontrollieren, wenn nötig mit Hilfe des Militärs.
Man sehe es mir nach, wenn ich diesen angestrebten Missbrauch des Notrechts-Paragrafen nicht weiter kommentiere.
Vielmehr muss aufgrund der sehr hohen Schutzquote für Eritreerinnen und Eritreer alles daran gesetzt werden, sie beim Prozess der Integration in unsere Gesellschaft zu unterstützen. Wer damit liebäugelt, sie wieder in ihr Land zu schicken, spielt mit dem Leben dieser Menschen.
Wer damit liebäugelt, Flüchtlinge aus Eritrea wieder in ihr Land zu schicken, spielt mit dem Leben dieser Menschen.
Daran zweifelte auch Auslandredaktor und Afrika-Experte David Signer nicht, der seinen Kommentar in der NZZ so zusammenfasste: «Die Situation in Eritrea ist schlimm. Punkt.»