Fairer Handel statt Freihandel: Ja zum Abkommen mit Indonesien

Am 7. März entscheidet die Stimmbevölkerung über das umfassende Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Indonesien. Der Handelsvertrag ist nicht perfekt, aber ein Meilenstein in der langen Geschichte des Kampfes für einen faireren Handel.

Über Jahrzehnte richtete das Dogma des freien Handels weltweit einen enormen Schaden an. Dass heute die Ungleichheit zwischen arm und reich und Nord und Süd grösser wird, die Klimaerwärmung voranschreitet und Konzerne die Menschenrechte ungehindert mit Füssen treten, hat massgeblich damit zu tun, dass die globalen Handelsbeziehungen ohne Regeln und Verantwortlichkeiten organisiert wurden.

Dass die Schweiz als Wirtschaftsmacht für diese Entwicklung grosse Verantwortung trägt, steht ausser Frage. Deshalb setzt sich die SP seit Jahrzehnten für eine handelspolitische Wende ein. Mit der Errichtung von Weltläden in den 70er- und 80er-Jahren, der Gründung von Max Havelaar 1992, den Protesten gegen die Doha-Runde Anfang der 2000er Jahre oder zuletzt mit der Konzernverantwortungs-Initiative hatte und hat die Linke stets das gleiche Ziel: den Handel mit fair und nachhaltig produzierten Gütern zu fördern, so dass die Menschen in den Ländern des globalen Südens das Geld und den Respekt erhalten, die ihnen zustehen. Der Kampf für einen fairen Handel ist gelebte internationale Solidarität.

Suche nach schrankenlosem Handel

Der jahrelange Protest der Bewegungen für globale Gerechtigkeit (Global Justice Movements) in verschiedenen Ländern zeigte in den 2000er Jahren Wirkung: Neoliberale Reformen der Welthandelsorganisation (WTO) konnten verhindert werden. Und weil sie verhindert wurden, suchten sich die reichen Staaten neue Wege, um schrankenlos Handel zu treiben und den Profit ihrer Unternehmen zu vergrössern. Die Lösung hiess Freihandelsabkommen. Deren Anzahl stieg von 2001 bis 2016 um 199 und vervierfachte sich damit beinahe.Dank der Abschaffung von Zöllen und weiteren Handelshemmnissen konnten Konzerne in armen Ländern billig und ohne lästige Regulierungen produzieren und ihre Produkte ebenso günstig importieren. Eine soziale und ökologische Katastrophe.

In den letzten Jahren ist aber erneut Bewegung in den Welthandel gekommen. Plötzlich kam der Freihandel nicht nur von links, sondern auch von rechts unter Beschuss. Die USA und China lancierten Mitte der 2000er Jahre einen Handelskrieg, an dem sich zahlreiche Staaten beteiligten. Plötzlich wurden wieder Zölle erhoben. Die WTO ist spätestens seit 2019, als US-Präsident Trump die Ernennung neuer Richter für das WTO-Berufungsgericht (Appellate Body) verhinderte, vollends blockiert.

Und auch der Abschluss neuer Freihandelsabkommen wurde schwieriger. TTIP und TISA, zwei regionale Mega-Abkommen, scheiterten. Gleichzeitig wirkte sich die weltweite Handelskrise aber auch nachteilig auf die Weltwirtschaft aus. Die Unternehmen des globalen Nordens verloren seit Ausbruch des Handelskriegs Milliarden von Dollar. Aber am meisten litten die Entwicklungsländer, die im Kampf «Jeder gegen jeden» nicht mithalten konnten.

Nachhaltigkeitsprinzipien in der Handelspolitik gestärkt

In dieser Situation neuer Bruchlinien und Kräfteverhältnisse konnte die Sozialdemokratie in Europa fortschrittlichere Handelsregeln voranbringen. Im Herbst 2015 hat die EU eine neue Handelsstrategie vorgestellt. Der zukunftsweisende Plan stärkte die Nachhaltigkeitsprinzipien in der Handelspolitik. Die Standards sollen das Leben aller Menschen verbessern – innerhalb wie ausserhalb Europas.

Dabei wurde auch über den PPM-Ansatz («Process and Production Method») diskutiert. Eingeführt wurde er aber bisher nicht. Hier beschreitet die EFTA (Europäische Freihandelsassoziation; Schweiz, Norwegen, Lichtenstein, Island) Neuland. Das Konzept dabei ist so simpel wie genial: Zölle sollen nicht länger für alle Produkte gesenkt werden, sondern nur für ausgewählte, nachhaltig produzierte Güter.

Der Grund ist einfach: Auch wenn lokale und regionale Lieferketten politisch gesteuert und gestärkt gehören, geht es ganz ohne Welthandel nicht. Dieser darf aber nicht mehr missbraucht werden, um ökologische und soziale Standards zu umgehen. Und wenn die Konzerne nicht zu den Standards kommen, müssen die Standards eben zu den Konzernen.

Garantien zur Umsetzung von Standards 

Mit dem Indonesien-Abkommen, das während der Verhandlungen unter massivem Druck von links sowie von bäuerlichen Verbänden stand, wurde dieser Ansatz zum ersten Mal konsequent umgesetzt. Der PPM-Ansatz sieht vor, dass nur Palmöl, das ohne Regenwaldzerstörung, die Missachtung von Arbeitsrechten, die Vertreibung von Indigenen usw. hergestellt wurde, von tieferen Zöllen profitiert.

Die Palmöl-Produktion ist der wichtigste Wirtschaftssektor in Indonesien, und durch diesen Ansatz wird ein Anreiz für bessere Arbeitsbedingungen und den Schutz der Umwelt durch diese Branche geschaffen. Dies sehen auch die indonesischen NGOs Wahli und Greenpeace so.

Dank der SP haben wir heute auch Garantien, dass diese Nachhaltigkeitsbestimmungen umgesetzt werden. In einer Verordnung ist geregelt, welche Standards gelten, wie diese überprüft werden und welche Strafen bei Verstössen drohen. Damit werden nicht nur die importierenden Unternehmen zum ersten Mal haftbar gemacht, auch erhält die Zivilgesellschaft eine Rolle bei der Überprüfung der Standards und kann damit Verstösse direkt anprangern.

Nicht perfektes, aber fortschrittlichstes Abkommen

Gewiss, auch das Indonesien-Abkommen ist nicht perfekt. Aber es ist das fortschrittlichste Abkommen, das die Schweiz je ausgehandelt hat, und dank dem PPM-Ansatz wohl sogar weltweit. Es stösst eine nachhaltige Entwicklung in Indonesien an und begründet für die Schweiz die Verpflichtung, Indonesien in der Entwicklungszusammenarbeit bei der Erreichung der Nachhaltigkeitsregeln zu unterstützen.

Der Kampf für fairen Handel bestand aus guten Gründen immer darin, auf dem Weltmarkt gleichlange Spiesse für die Länder des Südens zu erkämpfen und nicht darin, sie von diesem auszuschliessen. Mit dem Indonesien-Abkommen wurde dies so gut erreicht wie in keinem Handelsvertrag zuvor. Damit ist der Benchmark für zukünftige Abkommen gelegt. Diese neuen, fairen Handelsregeln müssen der State of the Art für den zukünftigen Handel sein und weiter verbessert werden.

Würde das Handelsabkommen mit Indonesien abgelehnt, wäre für die Sache des fairen Handels sowie die Menschen und die Umwelt in Indonesien rein gar nichts gewonnen. Die dreckige Palmöl-Produktion ginge unverändert weiter. Mit einem Ja wird die Welt noch nicht gerettet. Aber immerhin ein bisschen besser.

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