Betreuung darf kein Luxus sein

Medienmitteilung der SP60+ vom 30. Oktober 2021

Alle Menschen müssen bis ins Alter unabhängig von ihrer finanziellen Situation Zugang zu ganzheitlicher Betreuung haben – pflegerisch, psychisch, sozial und in der Alltagsversorgung. Die SP60+ fordert deshalb die Erarbeitung eines bundesweiten Rahmengesetzes, welches Langzeitpflege und Betreuung im Alter umfassend und gesamtschweizerisch regelt. Dies umfasst neben der medizinischen Pflege auch Betreuungsleistungen: Dazu gehören Alltagsunterstützung, Beratung und Begleitung, welche die gesellschaftliche Teilhabe gewährleisten kann.

«Es braucht eine altersgerechte, qualitativ hochstehende und soziale Gesundheitsversorgung für alle», sagt Christine Goll, Präsidentin der SP60+. «Eine Zwei-Klassen-Versorgung im Gesundheitswesen lehnen wir entschieden ab. Doch heute werden Pflege- und Betreuungsleistungen immer noch separat abgerechnet.» Erstere werden über die Krankenversicherung und teilweise über die Ergänzungsleistungen abgedeckt. Die Kosten für die Betreuung müssen von den Betroffenen hingegen selbst übernommen werden. Dabei ist der Bedarf an Betreuung riesig: In der Schweiz benötigen 620’000 Menschen über 65 Jahre – das entspricht 40 Prozent aller über 65-Jährigen – zusätzliche Betreuung, damit sie nicht vereinsamen oder gar verwahrlosen.1

Problematisch ist, dass finanziell schwächer gestellte Menschen oft aus finanziellen Gründen auf diese notwendigen Leistungen verzichten. «Fehlende ganzheitliche Betreuung führt nicht nur zu einer starken Verschlechterung des Gesundheitszustandes älterer Menschen, sondern fördert nachweislich deren Verwahrlosung und Vereinsamung», sagt Christine Goll. «Zudem ist der Druck auf die pflegenden Angehörigen sehr hoch – falls überhaupt auf solche zurückgegriffen werden kann.» Denn nicht alle auf Betreuungsleistungen angewiesenen Menschen verfügen über ein soziales Netz von Familienmitgliedern, Freund:innen oder Nachbar:innen, das sie in ihrem Alltag unterstützen kann.

Die Gefahr einer Zwei-Klassen-Versorgung besteht bis an das Lebensende. «Die verschiedenen Angebote an Pflege und Betreuung in der letzten Lebensphase mit einem Konzept von Palliative Care müssen allen Menschen zur Verfügung stehen und für alle nach Bedarf finanzierbar sein», sagt Christine Goll. «Natürlich hat eine umfassende Betreuungsfinanzierung ihren Preis. Doch eine staatliche Finanzierungsbeteiligung wird sich bezahlt machen.» Dies nicht zuletzt durch die Reduzierung gesundheitlicher und sozialer Folgekosten. Auch wird mit umfassenden Betreuungsleistungen der Eintritt in ein Alters- oder Pflegeheim verzögert oder verhindert.

Für die SP60+ ist klar: Pflege und Betreuung gehören ungetrennt zum Service public. Es braucht ein Gesamtkonzept, das neben den pflegerischen Leistungen, auch Selbstsorge, soziale Teilhabe, Alltagsgestaltung, Haushaltführung, Beratung und Koordination umfasst. Entsprechend engagiert sich die SP60+ für eine schweizweite Finanzierung der Betreuungsleistungen.

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1 Die Zahlen stammen aus einer im September 2021 publizierten Studie im Auftrag der unabhängigen Schillerstiftung (Studie en F)

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