Nein zum Kinderabzug-Bschiss

SVP, FDP und CVP wollten die Kinderabzüge bei den direkten Bundessteuern von 6‘500 auf 10‘000 Franken pro Kind erhöhen. Dies führt zu Steuerausfällen von 370 Millionen Franken im Jahr. Was verlockend tönt und als Familienförderung verkauft wird, ist reiner Steuer-Bschiss auf dem Rücken des Mittelstandes.

In der Volksabstimmung vom 27. September 2020 lehnten die Stimmbürger*innen die Erhöhung der Kinderabzüge mit 63,1 Prozent Nein-Stimmen deutlich ab.

Argumente

Die Lohnschere öffnet sich weiter: Ein Blick auf die Lohnentwicklung in der Schweiz zeigt eindeutig, dass in den vergangenen Jahren die obersten Löhne deutlich stärker gestiegen sind als die tiefen und mittleren Löhne. Kommt hinzu, dass den Topverdiener-Familien in den vergangenen Jahren wiederholt Steuererlasse zugeschanzt wurden, während die Belastung des Mittelstandes – etwa durch die steigende Prämienlast – zugenommen hat. Der Kinderabzug-Bschiss verschärft diese ungerechte Dynamik, die obersten Einkommen entlasten und damit das Fundamentalprinzip der Steuergerechtigkeit untergraben: An die Stelle der fairen Steuerprogression wollen FDP, SVP und CVP ein neues Motto rücken: Wer hat, dem wird gegeben.

SVP, FDP und CVP wollen die Kinderabzüge erhöhen. Was verlockend tönt und als Familienförderung verkauft wird, ist reiner Steuer-Bschiss. Die Reichsten profitieren. Der Mittelstand muss bezahlen: Der Kinderabzug-Bschiss kostet die Allgemeinheit 370 Millionen im Jahr. Geld, das woanders fehlt. Wenn aufgrund der Steuerausfälle Prämienverbilligungen gestrichen und Kita-Tarife erhöht werden, sind Mittelstandsfamilien als erste betroffen.

Vom Kinderabzug-Bschiss profitieren fast ausschliesslich Topverdiener-Familien, die nur 6% aller Haushalte ausmachen: SVP, FDP und CVP betreiben damit zum wiederholten Male Klientelpolitik für die, die es am allerwenigsten nötig hätten.

Der Kinderabzug-Bschiss kostet die Allgemeinheit 370 Millionen im Jahr. Diese Millionen werden wirkungslos verschleudert: Wer eine halbe Million im Jahr verdient, ist auf eine Steuererleichterung von maximal 910 Franken definitiv nicht angewiesen. Das ist Geld, das sonst fehlt: Im Gesundheitswesen, beim ÖV oder in der Kinderbetreuung. Wenn dort gespart wird, trifft uns das alle. Das Geld wäre bei Familien mit tiefen und mittleren Einkommen wirkungsvoller eingesetzt.

Wer eine halbe Million im Jahr verdient, ist auf eine Steuererleichterung von maximal 910 Franken definitiv nicht angewiesen. Das Geld wäre bei Familien mit tiefen und mittleren Einkommen wirkungsvoller eingesetzt. Doch diese werden übergangen: Jene Familien, welche dringend auf Entlastung angewiesen wären, haben überhaupt nichts von dieser Vorlage. Fast die Hälfte der Familien mit unterstützungsberechtigten Kindern zahlt erst gar keine Bundessteuer, weil sie zu wenig verdienen. Sie können daher auch keine Abzüge machen.

 

Die Vorlage ist eine versteckte Herdprämie: Statt Kitas und damit die Gleichstellung zu fördern, zementiert die Vorlage Rollenbilder von gestern. Die Abzüge sind so gestaltet, dass innerhalb der Topverdiener-Familien vor allem Alleinverdiener-Ehepaare profitieren. Familien, bei denen beide Eltern arbeiten, können erst ab einem Bruttoeinkommen von 300 000 Franken den Maximalabzug geltend machen.

Wirksame Familienpolitik geht anders: Wie zahlen wir die steigenden Krankenkassenprämien? Wo finden wir eine bezahlbare Wohnung? Hat es noch freie Kita-Plätze? Diese Fragen beschäftigen die Familien. Wer wirksame Familienpolitik betreiben will, muss dort ansetzen und nicht Geld für nichts und wieder nichts zum Fenster hinauswerfen. So könnten mit den 370 Millionen Franken, die CVP, SVP und FDP den Topverdiener-Familien zuschanzen wollen, die Prämienverbilligungen für Kinder nahezu verdoppelt werden.

Appell Finanzvorsteher*innen

Die unterzeichnenden Finanzvorsteher*innen aus Gemeinden und Kantonen lehnen das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (Steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten) ab.

Das ursprüngliche Ziel der Vorlage, die Abzüge für die Kosten der familienexternen Kinderbetreuung zu erhöhen, hätten wir unterstützt. Die nachträglich und ohne Vernehmlassung vom Parlament eingefügte Erhöhung der allgemeinen Kinderabzüge geht aber zu weit. Das Resultat dieses demokratisch fragwürdigen Vorgehens ist aus finanzpolitischer Sicht abzulehnen: Die Steuerausfälle steigen von 10 auf 380 Millionen Franken, davon fallen mind. 77 Millionen Franken bei den Kantonen an, wodurch auch die kommunalen Finanzen betroffen sein dürften. Gleichzeitig wird die Hälfte der Familien nicht entlastet und der weitaus grösste Teil der Entlastung (ca. 250 Millionen Franken) entfällt auf Familien mit Netto-Haushaltseinkommen über 150’000 Franken. Für eine solche Entlastung besteht keine soziale Notwendigkeit und es sind auch keine positiven Auswirkungen auf die Volkswirtschaft oder die kantonalen, respektive kommunalen Finanzen zu erwarten. Gerade mit den Kosten und Ausfällen durch Corona müssen die öffentlichen Finanzen geschont und wirkungslose Ausfälle vermieden werden.

  • Michael Aebersold, SP, Finanzdirektor Stadt Bern
  • Kurt Altenburger, SP, Gemeindepräsident Rafz
  • Martin Bäumle, GLP, Finanzvorstand Dübendorf
  • Kaspar Bopp, SP, Finanzvorstand Winterthur
  • Damien Chappuis, PCSI, maire de Délémont
  • Andrea de Meuron, Finanzdirektorin Grüne, Thun
  • Etienne Dobler, PS, responsable des finances de Haute-Sorne,
  • Michèle Dünki-Bättig, SP, Finanzvorsteherin Glattfelden
  • Fabrizio Garbani Nerini, LiSA, Sindaco Terre di Pedemonte
  • Florence Germond, PS, directrice des finances Lausanne
  • Wolfgang Giella, parteilos, Stadtpräsident Gossau SG
  • Alfonso Gomez, Verts, directeur des finances de la ville de Genève
  • Christoph Grosjean-Sommer, SP, Finanzvorstand Kirchlindach
  • Alain Homberger, Finanzvorstand, FDP, Freienbach
  • Ursulina Huder, SP, Finanzvorsteherin Steffisburg
  • Daniel Leupi, Grüne, Finanzvorstand Stadt Zürich
  • Jürg Link, SP, Finanzvorstand Niederlenz
  • Yvan Luccarini, Décroissance-Alternatives, Direction des finances Vevey
  • Markus Maibach, SP, Finanzvorsteher Wettingen
  • Diego Moni Bidin, PS, responsable des finances de Saignelégier
  • Valentin Perego, FDP, Finanzvorstand Opfikon
  • Patrick Tanner, ARC, maire de Saint-Imier
  • Heinz  Tännler, SVP, Finanzdirektor Kanton Zug
  • Tobias Vögeli, GLP, Finanzvorstand Frauenkappelen
  • Lars Mazzucchelli, SP, Finanzvorstand Sissach

Achtung Etikettenschwindel!

Obwohl die «steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten» nur noch einen ganz kleinen Teil der Vorlage – genauer 1/38 –
ausmacht, wird der Kinderabzug-Bschiss unter diesem Namen dem Stimmvolk zur Abstimmung unterbreitet. Die Stimmbürger*innen werden damit in die Irre geführt, die unverfälschte Stimmabgabe erschwert. Das ist undemokratisch und gehört sich nicht.

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