Der Regierungsrat wird wie folgt beauftragt:1. Er erklärt dem UVEK, dass er im Kanton Bern oder in Teilen des Kantons einen Pilotversuch mit
Mobility–Pricing durchführen möchte.2. Er ermutigt Städte und Gemeinden im Kanton Bern, sich beim UVEK für die Durchführung eines Pilotversuchs mit Mobility–Pricing zu melden.
3. Er unterstützt Städte und Gemeinden im Kanton Bern, die einen Pilotversuch mit Mobility–Pricing
durchführen möchten, dabei, ihre Mobilitätsziele in den Pilotversuch einfliessen zu lassen.
4. Wenn es im Kanton Bern oder in Teilen des Kantons zu einem Pilotversuch mit Mobility–Pricing
kommt, wirkt der Regierungsrat darauf hin, dass im Rahmen des Pilotversuchs folgende Fragen u n-
tersucht werden:
a. Ergibt sich aus den Änderungen im Verkehrspreisgefüge, wie die nutzungsabhängige Bepreisung des Verkehrs sie mit sich bringt, sozialpolitischer Handlungsbedarf für Kanton und Ge-
meinden?
b. Welche Möglichkeiten haben Arbeitgebende und Arbeitnehmende bzw. Bildungsinstitutionen,
Schülerinnen und Schüler, Lernende und Studierende, um auf tageszeitabhängige Verkehrst ari-
fe zu reagieren?
c. Was bedeutet Mobility–Pricing für die Bevölkerung ausserhalb der Zentren und fürs Gewerbe?
Führt die Glättung von Verkehrsspitzen dazu, dass die Ansiedlung von Arbeitsplätzen aus-
serhalb der grossen Zentren attraktiver wird?
d. Wie wirkt sich die Glättung der Verkehrsspitzen auf den Bedarf nach Verkehrsinfrastruktur im
Kanton Bern aus?
e. Wie kann Mobility–Pricing genutzt werden, um zu verhindern, dass mit dem baldigen Aufkom-
men selbstfahrender Fahrzeuge unerwünschte Leerfahrten zu einem Problem werden?
f. Bewähren sich die Anforderungen an den Datenschutz im Bericht des UVEK an den Bundes-
rat? Kann ihre Einhaltung effektiv kontrolliert werden?
Begründung:
Am 13. Dezember 2019 hat der Bundesrat das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, En er-
gie und Kommunikation (UVEK) u. a. damit beauftragt, eine Vernehmlassungsvorlage vorzubereiten, die
die rechtlichen Grundlagen für die Durchführung von Mobility–Pricing–Pilotversuchen schafft, und Kantone sowie Städte und Gemeinden zu suchen, die solche Pilotversuche durchführen möchten.
Mobility–Pricing bezeichnet die nutzungsabhängige Bepreisung des Verkehrs.
Das Konzept umfasst sowohl den Individualverkehr als auch den öffentlichen Verkehr.
Die konkrete Ausgestaltung von Mobility–Pricing hängt davon ab, welche Ziele konkret erreicht werden
sollen. In der Diskussion stehen vor allem folgende Ziele:
• eine effizientere Auslastung der Verkehrsinfrastruktur: Eine Analyse des Bundes hat gezeigt, dass
Mobility–Pricing einen wesentlichen Beitrag zum Glätten der Verkehrsspitzen leisten kann.
• eine Stärkung des Verursacherprinzips und der Kostenwahrheit im Verkehr: Pauschale Abgaben wer-
den durch nutzungsabhängige Abgaben ersetzt, 3 sog. externe Kosten, die heute die Allgemeinheit
trägt (insbesondere Lärm–, Umwelt– und Unfallkosten), werden reduziert.
• die Verlagerung auf nachhaltige Verkehrslösungen: Welche Verkehrslösungen ökologisch, sozial,
wirtschaftlich und finanziell als nachhaltig gelten können, ist situationsabhängig; Mobility–Pricing bietet
die nötige Flexibilität, um dies zu berücksichtigen.
• das Sicherstellen der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur: Mit der Verbreitung von nicht fossil b e-
triebenen Fahrzeugen gehen die Einnahmen aus der Mineralölsteuer und dem Mineralölsteuerz u-
schlag zurück, so dass diese Finanzierungsquellen in absehbarer Zeit zumindest soweit ersetzt wer-
den müssen, dass Betrieb und Instandhaltung der damit finanzierten Infrastruktur möglich bleiben.
• die Entlastung von Unternehmen durch weniger Staustunden: Eine Stauminute mit einem Liefer wagen und zwei Mitarbeitenden kostet drei bis fünf Franken; bei beruflichen Fahrten kann mit einer besseren zeitlichen Verteilung des Verkehrs ein wirtschaftlicher Vorteil erreicht werden.
Ein Pilotversuch bietet Gelegenheit, nicht nur den Erreichungsgrad der festgelegten Ziele, sondern auch
andere wichtige Fragen rund um Mobility–Pricing in der Praxis zu untersuchen. Ausserdem können Überlegungen dazu angestellt werden, ob und wie ein Mobility–Pricing–System absehbare technische Entwicklungen einbeziehen kann. Findet im Kanton Bern oder in Teilen davon ein Pilotversuch statt, soll der Regierungsrat sich dafür einsetzen, dass unter anderem die unter Ziffer 4 des Auftrags genannten Fragen soweit möglich beantwortet werden.
Begründung der Dringlichkeit: Der Bund will bis Mitte Jahr entscheiden, in welchen Kantonen ein Mobility–Pricing–Pilotversuch durchgeführt werden soll. Der Grosse Rat muss daher zeitnah, spätestens in der Sommersession, über die Motion befinden können.