Gestützt auf Art. 19 der Kantonsverfassung (sGS 111.1) führt der Staat in allen Bereichen wirtschaftlichen Handelns einen kantonalen Mindestlohn ein. Er trägt dabei den verschiedenen Wirtschaftsbereichen sowie den in den Gesamtarbeitsverträgen festgelegten Löhnen Rechnung, damit jede Person, die eine entlöhnte Tätigkeit ausübt, über einen Lohn verfügt, der eine würdige
Lebensführung ermöglicht.
Der Kanton Neuenburg hat im August 2017 aufgrund des Bundesgerichtsentscheids einen kantonalen Mindestlohn von Fr. 20.– je Stunde eingeführt. Von dieser Massnahme konnten 2’700 Personen profitieren. Kantonale Mindestlöhne stehen auch im Kanton Jura und im Kanton Tessin
kurz vor der Einführung oder sind schon eingeführt.
Wer (voll) berufstätig ist, soll vom Lohn leben können. Der Mindestlohn ist – wie das Beispiel
Neuenburg zeigt – ein Instrument zur Armutsbekämpfung. Die Kantone haben explizit die Aufgabe und die Kompetenz, Massnahmen zur Verhinderung von Armut zu treffen. Deshalb soll
auch im Kanton St.Gallen ein Mindestlohn eingeführt werden. St.Gallen ist als Grenzkanton wie
Jura oder Tessin einer besonderen Konkurrenzsituation ausgesetzt. Es ist deshalb dringend nötig, allen Beschäftigten ein existenzsicherndes Einkommen zu garantieren. Für die Berechnung
ist – wie in Neuenburg – auf das System der Ergänzungsleistungen abzustellen, wobei auch die
Berufsausgaben zu berücksichtigen sind, und es ist eine jährliche Anpassung vorzusehen. Die
Sozialpartner sind in die Erarbeitung der Gesetzesgrundlage und später für den Vollzug einzubeziehen.
Die Regierung wird eingeladen, einen Entwurf vorzulegen, der eine gesetzliche Grundlage für einen kantonalen Mindestlohn mit dem sozialpolitischen Ziel schafft, Armut trotz Arbeit zu verhindern. Für die Berechnung ist auf das System der Ergänzungsleistungen abzustellen, wobei auch
die Berufsausgaben zu berücksichtigen sind, und es ist eine jährliche Anpassung (Grundlage
Mischindex EL/AHV) vorzusehen. Es ist eine tripartite Begleitkommission ‹st.gallischer Mindestlohn› unter Einbezug der Sozialpartner einzusetzen, welche bei der Erarbeitung der Gesetzesgrundlage und später für den Vollzug einbezogen wird.»