Der Regierungsrat wird beauftragt, sich beim Bund, insbesondere im Rahmen einer allfälligen Vernehm-
lassung, dafür einzusetzen, die rechtlichen Erlasse auf Bundesebene so anzupassen, dass die Individual-
besteuerung für verheiratete Paare eingeführt wird.
Begründung:
Die Forderung nach Gleichstellung im Steuerrecht ist nicht neu, aber aktueller denn je. Mit der neuen
Gleichstellungsbewegung und dem gesellschaftlich geforderten Aufbrechen traditioneller Rollenverständnisse und Familienbilder ist es dringend angezeigt, auch in steuerrechtlichen Themen endlich einen Schritt vorwärts zu machen. Das Schweizer Steuerrecht widerspiegelt nach wie vor das Bild der Frau, die unbezahlte Betreuungsarbeit leistet, und benachteiligt damit nachweislich die Erwerbsarbeit der Frauen.
Um die Erwerbstätigkeit der Frauen zu erhöhen, empfiehlt die OECD der Schweiz bereits seit längerer Zeit die Einführung einer Individualbesteuerung, wie sie in den meisten europäischen Ländern schon lange zumindest wahlweise besteht. Sämtliche politischen Vorstösse sind in der Schweiz bisher aber gescheitert, dabei ist nicht mehr nachvollziehbar, weshalb eine Frau aufgrund der Heirat plötzlich nicht mehr als eigenständiges Individuum besteuert werden soll. Frauen kämpfen bereits seit mehr als 150 Jahren gegen derartige Rückständigkeiten in der Schweiz, Julie von May von Rued (1808-1875) zum Beispiel forderte unter anderem bereits die gleiche Besteuerung der Frauen.
Avenir Suisse hat im Juni 2020 eine Analyse präsentiert, die acht aktuelle Reformvorschläge zur Ehepaar-und Familienbesteuerung auf Bundesebene in Bezug auf ihr Kosten-Nutzen-Verhältnis vergleicht, und kommt zum Schluss, dass die Individualbesteuerung klar im Vorteil gegenüber den anderen Modellen ist.
Auch verschiedene andere Berichte zeigten die klar positiven Effekte der Individualbesteuerung auf, u. a ein Bericht des Bundesrates infolge des Postulats 14.3005 sowie eine Studie von Ecoplan im Auftrag der
Müller-Möhl Foundation. Die Einführung der Individualbesteuerung hätte bessere Effekte auf die Beschäftigung, den Arbeitsmarkt, die Sozialversicherungen und die Verfügbarkeit von Fachkräften. Die Individualbesteuerung orientiert sich zudem an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Person, unabhängig von ihrem Zivilstand.
Es liegt in der Hand des Bundesparlaments, hier die notwendigen Schritte zu unternehmen. Die Forderung aus den Kantonen nach Individualbesteuerung ist nötig, damit dem Bundesparlament die Wichtigkeit der rascheren Umsetzung deutlich gemacht werden kann, denn trotz diverser Vorstösse hat sich bis anhin nichts bewegt. Es ist wichtig, dass die Kantone signalisieren, dass sie eine fortschrittliche, gleichberechtigte Steuerpraxis unterstützen.
Begründung der Dringlichkeit:
Gemäss neusten Informationen hat der Bund geplant, die Kantone im Frühling zum Thema Indivi-
dualbesteuerung zu vernehmlassen.