Mit der Klima- und Energiestrategie (B+A 22/2021) «Link» will die Stadt Luzern weitreichende
Massnahmen zum Klimaschutz beschliessen, welche grösstenteils die bauliche Erneuerung von Mietshäusern betrifft. Dass es diese energetischen Sanierungen braucht, ist unbestritten und wird von den unterzeichnenden Fraktionen vollumfänglich gestützt. Die Folgen davon zu spüren bekommen werden aber vor allem die Mieterinnen und Mieter in der Stadt Luzern: Die Gefahr, aufgrund eines Umbaus eine Mietzinserhöhung oder gar die Kündigung zu erhalten, wird aufgrund der zunehmenden Sanierungstätigkeit in den kommenden Jahren ansteigen.
Der Stadtrat ist sich dieser Konsequenzen bewusst und «wird sich gezielt dafür einsetzen, dass diese Effekte für die sozial Schwächsten tragbar bleiben». Aus Sicht der unterzeichnenden Fraktionen reicht diese Absicht aber nicht. Immerhin reden wir bei den Mieterinnen und Mietern von 85 Prozent der städtischen Bevölkerung. Auch der Stadtrat ist sich im Übrigen bewusst, dass nach Sanierungen oftmals ein zu hoher Anteil der Gesamtsanierungskosten auf die Mieten überwälzt wird. Inwiefern die Abschaltung des Erdgasnetzes der ewl vor der vollständigen Amortisation bzw. die Erstellung eines neuen Fernwärmenetzes die Gebühren (und in der Folge die Mieten) erhöht, kann zum heutigen Zeitpunkt noch nicht beziffert werden. Gleichwohl sinken nach Sanierungen der Wärmeerzeugungen die Heizkosten für die Mietenden oft markant. Dass diese Einsparungen bei der möglichen Überwälzung der Investitionskosten für die erneuerbare Wärmeerzeugung resp. bei der Berechnung der neuen Mietzinsen berücksichtigt werden, ist dabei selbstverständlich. So oder so braucht es eine soziale Abfederung zugunsten der breiten Bevölkerung. Sonst droht der Klima- und Energiestrategie das gleiche Schicksal an der Urne wie dem vor wenigen Monaten auf eidgenössischer Ebene abgelehnten CO2-Gesetzes.
In dieser Herausforderung muss das Rad aber nicht neu erfunden werden. Bereits bestehen in drei Kantonen gesetzliche Grundlagen, um Mietpreiserhöhungen nach Bauarbeiten im gesetzlichen Rahmen zu halten (Genf, Waadt, Basel-Stadt). Die Basler Stimmbevölkerung hat am 28. November 2021 dieses Prinzip mit der Annahme der Volksinitiative «Ja zum echten Wohnschutz» nochmals gestärkt. Der Kanton Luzern kennt mit dem Gesetz über die Erhaltung von Wohnraum nach wie vor eine rechtliche Grundlage, um insbesondere preisgünstigen Wohnraum zu erhalten. Nicht zuletzt beinhaltet die Bundesverfassung das Sozialziel, dass Wohnungssuchende für sich und ihre Familie eine angemessene Wohnung zu tragbaren Bedingungen finden können.
In seiner Funktion herausstreichen lässt sich dabei das Gesetz über Abbrüche, Umbauten und Renovationen von Wohnhäusern des Kantons Genf (Loi sur les démolitions, transformations et rénovations de maisons d’habitation, LDTR). Es ermöglicht Mieterinnen und Mietern, nach Renovierungsarbeiten zu erschwinglichen Bedingungen in ihren Wohnungen zu bleiben. Konkret muss die Vermieterschaft zusammen mit dem Antrag auf eine Baugenehmigung ein Formular bei der Verwaltung einreichen, damit diese die nach der Renovierung zulässigen Mieten berechnen kann. Die Berechnung stützt sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Mietzinserhöhungen aufgrund von wertvermehrenden Investitionen und ist daher auch für die Verwaltung denkbar einfach und mit geringem Aufwand umsetzbar. Anstelle des Gerichts prüft so die Verwaltung die Zulässigkeit der Erhöhung und die entsprechende Kontrolle erfolgt automatisch. Sie wird für sämtliche Mietenden einer Liegenschaft durchgeführt und nicht nur für diejenigen, die die Mittel und die Energie haben, gegen ihre Vermieterschaft zu klagen. Zusätzlich zur Kontrolle legt das Gesetz im Kanton Genf eine zeitlich beschränkte Obergrenze für die Mieten auf einem bezahlbaren Niveau fest, sodass die Wohnungen auch nach der Renovierung erschwinglich bleiben.
Das Genfer LDTR ist unter dem Strich eine verhältnismässig einfache, jahrzehntelang bewährte, breit abgestützte, wirksame und kostengünstige Lösung, um Mietende zu schützen, Spekulation zu bekämpfen und bezahlbaren Wohnraum zu erhalten. Es wurde zudem durch das Bundesgericht durch mehrere Entscheide immer wieder gestützt. Wir fordern den Stadtrat deshalb auf, dem Grossen Stadtrat einen Bericht und Antrag zur Umsetzung eines Modells der Mietpreiskontrolle (analog dem Genfer Modell) vorzulegen.
Diese Motion überschneidet sich mit dem sich parallel in Behandlung befindlichen B+A 22/2021. Jedoch wird sich die Forderung der Motion im Bau- und Zonenreglement (BZR) niederschlagen und das BZR ist explizit nicht Teil des B+A 22/2021. Um der Klima- und Energiestrategie mit ihrer Genehmigung die nötige soziale Abfederung zu verleihen, ist die Dringlichkeit für den vorliegenden Vorstoss gegeben.