Es herrscht Wohnungsnot: Die Leerwohnungsziffer ist heuer auf lediglich 0,88 Prozent gefallen. Gleichzeitig erfährt die Öffentlichkeit regelmässig durch Medienrecherchen oder Besetzungen, dass es in der Stadt ganz oder teilweise unbewohnte Häuser gibt – weil sie von den Eigentümerschaften leergehalten werden.
Dieser Zustand gehört beseitigt, damit Häuser belebt werden und Menschen auf Wohnungssuche wieder fündig werden können und nicht verdrängt werden. Deshalb wird der Stadtrat gebeten zu prüfen, wie er folgende Massnahmen umzusetzen gedenkt. Wo die Kompetenzen bei der übergeordneten politischen Ebene liegen, soll er sich dort konstruktiv für die entsprechende Lösung einsetzen.
Einführung eines Leerstandsmonitorings: Was steht leer und wie lange schon? Von ungenutzten Wohnräumen erfährt die Öffentlichkeit meist nur zufällig. Die Stadt soll deshalb für Transparenz sorgen und mindestens jährlich durch ein Monitoring auf bestehende Leerstände hinweisen und diese auf zugängliche Weise veröffentlichen. Dies schafft analog des Mietpreismonitorings bei Geschäftsmieten ein allgemeines Bewusstsein für diese Problematik und übt öffentlichen Druck auf betroffene Eigentümerschaften aus.
Eigentümerschaft in die Pflicht nehmen: Ob sie leer stehen soll oder nicht, entscheidet die Eigentümerschaft einer Liegenschaft. Jedoch sollen die Behörden mit ihnen das Gespräch suchen und mit Nachdruck die Folgen ihrer Praxis für die einheimische Bevölkerung aufzeigen bzw. Lösungen anbieten (bestehende Beratungsangebote für Sanierungen, Zwischennutzung, Kaufangebot usw.).
Belegungsvorschriften erlassen: Zwar scheute der Stadtrat vor zwei Jahren diesen Eingriff in die Eigentumsgarantie (vgl. Antwort auf Interpellation 412/2020). Die jüngste Häufung von leerstehenden Liegenschaften sollte er aber zum Anlass nehmen, diese Haltung zu überdenken und den Erlass von Belegungsvorschriften in Erwägung zu ziehen. Eine Möglichkeit wäre dabei, dass die in der Bau- und Zonenordnung festgeschriebenen Nutzungen auch durchzusetzen sind. Also wenn beispielsweise eine Liegenschaft in der Wohnzone unbewohnt ist, würde dies als nicht zonenkonforme Nutzung gelten.
Polizei als Teil von Lösungen: Die Zürcher Stadtpolizei räumt eine Liegenschaft nur, wenn neben einem gültigen Strafantrag einer der drei folgenden Sachverhalte gegeben ist:
- Abbruch-/Baubewilligung: Eine rechtskräftige Abbruchbewilligung oder eine rechtskräftige Baubewilligung inkl. Baufreigabe liegt vor. Die unverzügliche Aufnahme der Abbruch-/Bauarbeiten muss belegt werden.
- Neunutzung: Die rechtmässige Nutzung der Liegenschaft für die Zeit nach deren Räumung kann durch Vertrag mit Drittpersonen oder vergleichbaren Unterlagen in Aussicht gestellt und belegt werden.
- Sicherheit/Denkmalschutz: Die Besetzung gefährdet unmittelbar die Sicherheit von Personen oder denkmalgeschützte Bauteile oder Einrichtungen.
Im Falle der Besetzung an der Bruchstrasse 64 vergangenen Sommer hätte die Zürcher Stadtpolizei nicht geräumt, weil ausser dem Begehren der Eigentümerschaft kein einziges der Kriterien erfüllt war. Das Objekt steht jetzt wieder wie die Jahre davor vollständig leer. Ein analoges Vorgehen durch die Luzerner Kantonspolizei wäre daher angezeigt, zumal die Erfahrungen ihrer Zürcher Kolleginnen und Kollegen seit der Einführung dieses Vorgehens sehr positiv ausgefallen sind. In diesem Sinne wäre es angezeigt, dass der Stadtrat seine ablehnende Haltung aus dem Dringlichen Postulat 70/2017 überdenkt.
Steuerliche Nachteile durch Leerstandsabgabe: Gestützt auf das Leerstandsmonitoring sollen Eigentümerschaften von leerstehenden Wohnungen zusätzlich besteuert werden. Eine solche Leerstandsabgabe mit Lenkungswirkung gilt beispielsweise in mehreren österreichischen Bundesländern oder den Städten Hamburg und Vancouver. Damit wird dort bewusst der Wohnungsknappheit und dem Steuerausfall durch Leerstände Gegensteuer gegeben (vgl. Studie der wissenschaftlichen Dienste des deutschen Bundestages «Besteuerung von leerstehenden Immobilien. Verfassungsrechtliche Möglichkeiten und Grenzen» vom 13. September 2018).
Möglichkeit einer Nutzungsenteignung: Mit seinem «Loi générale sur le logement et la protection des locataires» sieht der Kanton Genf seit vielen Jahren vor, dass leerstehende Liegenschaften enteignet werden können. Die Erfahrungen damit sind gut: Wenn eine Nutzungsenteignung droht, beeilen sich Eigentümerschaften, die Wohnnutzung wiederherzustellen. Auch der Kanton St. Gallen kennt eine Bestimmung, wonach der Gemeinde bei Nichtüberbauung innerhalb gewisser Fristen ein Kaufrecht an den betroffenen Grundstücken zusteht (vgl. Art. 8 und 9 des St. Galler Planungs- und Baugesetzes). In diese Richtung geht auch das Planungs- und Baugesetz des Kantons Luzern (vgl. § 38). Mit einem solchen rechtlichen Instrument wäre es dem Stadtrat möglich, bei Gesprächen und Verhandlungen mit Eigentümerschaften mehr Druck zugunsten von gütlichen Lösungen aufzubauen.