Medizinische Versorgung für Sans-Papiers sicherstellen

Medizinische Versorgung ist ein universelles Menschenrecht, das auch von der Bundesverfassung garantiert wird. Dieses Recht gilt auch für Sans-Papiers. Spitäler und Ärzt*innen in der Schweiz sind verpflichtet, im Notfall Hilfe zu leisten. Schwierigkeiten ergeben sich anschliessend, wenn es um die Bezahlung der erhaltenen Behandlung, die medizinische Nachbetreuung, medikamentöse Behandlungen oder medizinische Untersuchungen im ambulanten Bereich geht. Insbesondere bei fehlender Deckung durch die Krankenversicherung (oder Unfallversicherung) ist der Zugang zur weiterführenden Behandlung ein kritischer Punkt, bei dem ausserdem grosse Unterschiede zwischen den Kantonen bestehen.[1]

In der Schweiz gilt das Recht und die Pflicht, eine Krankenversicherung zu haben. Sans-Papiers haben aus verschiedenen Gründen jedoch oft keine Krankenkasse: Angst vor der Datenweitergabe an die Migrationsbehörden, unerschwingliche Prämien, fehlendes Wissen zum Zugang, administrative Hürden beim Abschluss oder drohende rückwirkende Prämienrechnungen. Dass Sans-Papiers im Kanton Luzern ausserdem keine Prämienverbilligung erhalten, verschärft diese Problematik zusätzlich. Im Kanton Luzern und den umliegenden Kantonen gibt es ausserdem keine spezielle medizinische Anlaufstelle für Sans-Papiers.[2]

Andere Kantone und Städte sind diesbezüglich wesentlich besser aufgestellt. In Basel hat die Anlaufstelle für Sans-Papiers eine eigene Gesundheitsberatung und verfügt für schwierigere Fälle über ein funktionierendes Ärzt*innennetzwerk. Der Kanton Genf hat bereits 1996 die Gesundheitseinrichtung CAMSCO (Consultation ambulatoire mobile de soins communautaires) gegründet, die Teil der öffentlichen Universitätsklinik HUG in Genf ist und über öffentliche Gelder finanziert wird. Die CAMSCO bietet eine breite Palette von medizinischen Leistungen an, die auch für Sans-Papiers zugänglich sind. Auch im Kanton Zürich wird vom Schweizerischen Roten Kreuz des Kantons Zürich ein medizinisches Ambulatorium, die Meditrina, betrieben, in welchem sich Sans-Papiers durch Pflegefachpersonen und Ärzt*innen gratis behandeln lassen können. Zudem verfügt die Meditrina über ein Behandlungsnetzwerk, welches zu günstigen Tarifen spezialisierte Behandlungen anbietet. Darüber hinaus startete die Stadt Zürich im Juni 2021 ein 3-jähriges Pilotprojekt unter dem Namen «Menschen ohne Krankenversicherung in der Stadt Zürich; für eine gesicherte medizinische Versorgung von Sans-Papiers und nicht krankenversicherten Personen». Seither können sich Sans-Papiers in den Stadtspitälern auch ohne Krankenkasse ambulant oder stationär behandeln lassen. Die entsprechenden Kosten werden durch die städtischen Gesundheitsdienste übernommen.

Die in der Corona-Pandemie gesprochene Überbrückungshilfe der Stadt Luzern, die gemäss Auskunft der Sans-Papiers-Stelle zu einem wesentlichen Teil auch für medizinische Grundversorgung verwendet wurde, ist im Februar 2023 ausgelaufen. Auch aus diesem Anlass wird der Stadtrat gebeten zu prüfen, welche Möglichkeiten die Stadt Luzern hat, die medizinische Versorgung von Sans-Papiers in der Stadt Luzern zu sichern und zu verbessern. Die medizinische Versorgung von Sans-Papiers soll zukünftig umfassender und nicht nur in Notfallsituationen gewährleistet sein. Insbesondere soll die Sicherstellung einer adäquaten medizinischen Versorgung mittels Etablierung einer Anlaufstelle mit einem mehrstufigen Versorgungsprozess geprüft werden.


[1] https://www.sante-sans-papiers.ch/

[2] https://sanspapiersbern.ch/

Erstunterzeicher:in

Lena Hafen, Marta Lehmann und Claudio Soldati namens der SP-Fraktion

Ersteinreichung

29. März 2023

Einreichungskanton

Luzern

Einreichegemeinde

Stadt Luzern
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