Im März 2021 wurde im Ständerat eine Motion durch Daniel Jositsch {SP) eingereicht, die die
Schaffung eines Orts der Erinnerung für die Opfer des Nationalsozialismus in Bern verlangt. Eben-
falls im März 2021 wurde die gleichlautende Motion von über 100 Nationalrätinnen und Nationalrä-
ten unterschrieben und durch den Zürcher SVP–Nationalrat Alfred Heer eingereicht. Eine der trei-
benden Kräfte hinter dem Anliegen ist Alt–Nationalrat Remo Gysin {SP), Präsident der Ausland-
schweizer-Organisation. Die Motion verlangt, dass in Bern, der Bundesstadt und dem politischen
Zentrum der Schweiz, ein Erinnerungs– und Vermittlungsort für die Opfer des Nationalsozialismus
zu schaffen sei.
Der Erinnerungsort soll kein statisches «Denkmal» sein, sondern ein Ort, an dem der Austausch
gepflegt wird. Die Katastrophe des Nationalsozialismus gerät immer mehr in Vergessenheit, die
Zahl der Zeitzeugen wird immer kleiner. Weil Rechtsstaatlichkeit und Demokratie jederzeit ins
Wanken geraten können, soll die Erinnerung an die Gräueltaten daran gemahnen, dass Rassismus
und Diskriminierungen und die Verletzung der Menschenrechte Demokratien aushöhlen können.
Neben dem »Erinnerungsort», der öffentlich leicht zugänglich sein soll, sind im Rahmen des «Ver-
mittlungsortes» Vernetzung, Information und politische Bildung wichtige Pfeiler des Konzepts, die
in einer bestehenden Institution, wie bspw. dem Historische Museum Bern, eingerichtet werden
können. Durch eine Dauerausstellung, durch Wechselausstellungen und Veranstaltungen sollen
nicht nur die Zeit des Nationalsozialismus reflektiert werden, sondern darüber hinaus gesellschaft-
lich relevante Diskurse zu den Themen Faschismus, Totalitarismus, Rassismus, etc. aufgegriffen
werden.
Millionen von Menschen wurden von 1933 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs Opfer einer men-
schenverachtenden Politik. Dass darunter auch Schweizerinnen und Schweizer waren, ist lang
nicht beachtet worden. Mittlerweile wurde in Forschungsarbeiten dokumentiert, dass gegen 1000
Schweizerinnen und Schweizer oder in der Schweiz Geborene in Konzentrationslagern inhaftiert
waren. Über 450 von ihnen haben den Holocaust nicht überlebt. Auch jene Schutzsuchende, die
während dieser Zeit an der Schweizer Grenze abgewiesen wurden, stehen – neben den Verfolgten
und Ermordeten – im Zentrum und ebenfalls Schweizerinnen und Schweizer, die sich mit grossem
Mut gegen den Nationalsozialismus gestellt oder sich für Verfolgte eingesetzt haben. Die Schweiz
ist aus diesen Gründen seit 2004 Mitglied der Internationalen Allianz zum Holocaust–Gedenken
(IHRA). Die Allianz ist eine zwischenstaatliche Einrichtung, die Regierungen und Experten zusam-
menbringt, um Aufklärung, Forschung und Erinnerungen zu fördern. Im Nationalrat wird seit 2005
an die Opfer des Nationalsozialismus in einer Ansprache gedacht.11
Wir bitten den Gemeinderat zu prüfen:
1. Wie die Stadt Bern bei der Standortsuche behilflich sein kann.
2. Wie die Stadt Bern bei der Umsetzung des Konzepts Unterstützung leisten kann und
3. ob und auf welche Art sich die Stadt Bern aktiv bei der Entstehung des Erinnerungs– und
Vermittlungsortes beteiligen kann.