Im Sommer 2023 kam die Revision des Sexualstrafrechts zustande. Neu liegt eine Vergewaltigung oder ein sexueller Übergriff und sexuelle Nötigung bereits dann vor, wenn eine Person dem Täter durch Worte oder Gesten zeigt, dass sie mit der sexuellen Handlung nicht einverstanden ist und dieser sich über den geäusserten Willen des Opfers hinwegsetzt oder einen Schockzustand ausnützt. Ausserdem wird die Definition der Vergewaltigung ausgeweitet. Der Tatbestand ist neu geschlechtsneutral formuliert und umfasst nicht nur den Beischlaf, sondern auch beischlafähnliche Handlungen. Weiter können verurteilte Personen bei Delikten gegen die sexuelle Integrität zum Besuch eines Lernprogramms verpflichtet werden. Am 1. Juli 2024 tritt das neue Sexualstrafrecht in Kraft. Die Kantone sind für die Organisation der Gerichte, die Rechtsprechung in Strafsachen sowie für die Polizei zuständig. Dementsprechend haben die Kantone eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der Sexualstrafrechtsreform.
Deshalb bitten wir die Gerichte um die Beantwortung folgender Fragen:
- Was ist der Stand der Umsetzung in Hinblick auf die Revision des Sexualstrafrechts für die Gerichte?
- Wann, in welchem Rahmen und in welcher Form werden die Gerichte zur Revision des Sexualstrafrechts geschult? Zu welchen Inhalten und spezifischen Fragestellungen finden diese Schulungen statt?
- Wie werden die Prozesse innerhalb der Gerichte angepasst, um die Sexualstrafrechtsreform umzusetzen?
- Wie schätzen Sie die vorhandenen finanziellen Ressourcen in Hinblick einer adäquaten Umsetzung und Anwendung der Reform ein?
- Wie wird sichergestellt, dass die Gerichte die Inhalte der verschiedenen Massnahmen der Lernprogramme kennen und dementsprechend auch Zuweisungen machen können?
- Wie setzen die Gerichte die technischen Möglichkeiten wie Videoaufzeichnungen und – übertragungen ein, um die Opfer vor der Retraumatisierung durch Mehrfachbefragung zu schützen?