Die Fraktion SP und Junge SP Region Olten, Erstunterzeichner Eugen Kiener und Huguette
Meyer Derungs, hat mit Datum vom 24. Juni 2020 ein Postulat mit folgendem Wortlaut
eingereicht:
«Der Stadtrat wird eingeladen, zu prüfen, wie die Velofreundlichkeit der Stadt Olten im Hinblick
auf die nächsten Ausgaben des Prix Velostädte von Pro Velo Schweiz in den Jahren 2021 und
(vermutlich) 2024 nachhaltig gesteigert werden kann. Insbesondere wird der Stadtrat gebeten
aufzuzeigen, was die Stadt, wo, wie und wann plant, um ihre Rangierung bei den einzelnen
Kriterien des Preises „Verkehrsklima“, „Sicherheit“, „Komfort“, „Routennetz“,
„Abstellmöglichkeiten“, „Verhältnis der Verwaltung zu den Velofahrenden“ deutlich verbessern
zu können.
Begründung:
Obwohl Olten als Stadt der kurzen Distanzen ideale Voraussetzungen für den
Langsamverkehr bietet, ist sie kein Paradies für Radelnde. Beim Prix Velostädte 2018 landete
Olten auf einem mässigen Mittelfeldplatz (Rang 19 unter den 34 bewerteten Städten). Klar,
die fehlende Stadtteilverbindung bleibt ein stark negativer Punkt bei der Velofreundlichkeit.
Aber auch bei der Sicherheit der Velowege gibt es Verbesserungsmöglichkeiten; zu oft führen
diese entlang der hoch frequentierten Hauptverkehrsachsen. Separate Routen machen das
Velo besonders für Schülerinnen und Schüler sicherer.
Der Prix Velostädte wird von Pro Velo Schweiz vergeben und vom Bundesamt für Strassen
(Astra) unterstützt. Die Rangierung beruht auf einer Online–Befragung: Bei der letzten
Ausgabe im Herbst 2017 beteiligten sich rund 17‘000 Personen. Sie beantworteten 34 Fragen
zu den Themen Verkehrsklima, Sicherheit, Komfort, Routennetz und Abstellmöglichkeiten;
beurteilt wurde auch, ob die Verwaltung die Velofahrenden als ebenbürtige
Verkehrsteilnehmer ernst nimmt. Gerade im letzten Punkt ist Olten 2017 auf dem letzten Platz
gelandet. Das Postulat gibt den Oltner Behörden die Chance zu zeigen, dass sie den
Langsamverkehr ernst nehmen.
Als in der schlimmsten Zeit der Corona–Gefahr fast alles ruhte, standen die Zweiräder nicht
still. Weltweit war eine Wende hin zum Rad festzustellen. Viele Städte installierten temporär
zusätzliche Velowege und prüfen nun, ob diese definitiv Velo–Pendlerinnen und –Pendlern
zugeteilt werden sollen. Der Corona–Stillstand hat auch in Olten viele auf das Fahrrad
umsteigen lassen. Doch schon zuvor gab es einen klaren Trend zum Velo, wie die starke
Nutzung der Velostationen am Bahnhof beweist.
Mit dem Bestreben, das Energielabel Gold zu erlangen, hat die Stadt Olten den richtigen Weg
eingeschlagen. Das Anliegen der stärkeren Förderung der Veloverkehrsinfrastruktur weist in
die gleiche Richtung und verdient vor dem Hintergrund des Klimawandels ebenfalls einen
zusätzlichen Schub.»
Stadtrat Thomas Marbet beantwortet das Postulat im Namen des Stadtrates wie folgt:
Die Förderung des Veloverkehrs ist auch dem Stadtrat ein wichtiges Anliegen und ein
Kernelement im Blick auf eine nachhaltige, siedlungsgerechte Mobilitätsentwicklung hin zu den
platzsparenden Verkehrsmitteln des öffentlichen und des Zweirad– und Fussverkehrs.
Die Rolle des Velos im Verkehr steigt auf vielen Ebenen, so in der gesellschaftlichen Realität,
durch Zunahme an elektrifizierten Zweirädern, durch den Markteintritt von vielfältigen Zwei–,
Drei– und Vierrädern mit neuen, innovativen Formaten und für neue Fahrzwecke im Personen–
und sogar im Güterverkehr. Auch der Kanton ist stark gefordert: Er muss auf dem
Hauptstrassennetz das Basisnetz Alltagsverkehr sicherstellen. Mit dem revidierten
Strassengesetz ist er zudem neu für die Planung und Finanzierung der Radrouten von
überkommunaler Bedeutung zuständig. Im Agglomerationsprogramm AareLand sind
Massnahmen eingestellt und neue geplant, namentlich die Verbindung aller Siedlungszentren
und ÖV–Knotenpunkte mit sogenannten Velobahnen (Velovorzugs– resp. Schnellrouten).
Mit dem Prix Velostädte verfolgt Pro Velo Schweiz das Ziel, die Zufriedenheit der Bevölkerung
mit der Veloinfrastruktur, Sicherheit, Verkehrspolitik und den Velofördermassnahmen in den
Schweizer Städten zu ermitteln, um Behörden, Fachleute, Verbände und die Öffentlichkeit
über die Velofreundlichkeit der Städte und über die Wirkung ihrer Verkehrs– und
Förderpolitiken zu orientieren. Die Aktion wird seit 2006 alle vier Jahre als
gesamtschweizerische Online–Befragung durchgeführt. Voraussetzung für die Aufnahme einer
Gemeinde ins Ranking ist eine minimale Teilnehmerzahl von 130 Antworten, unabhängig von
der Gemeindegrösse. Dementsprechend sind alle grossen und mittelgrossen, aber nur eine
Auswahl kleiner Gemeinden auf der Liste. Die Stadtverwaltung Olten bewirbt die Durchführung
jeweils auf allen vorhandenen kostenlosen Kanälen. Die Hürde wurde 2006 und 2018
geschafft. 2018 haben sich 155 Personen zu Olten geäussert, das entspricht 0.8% der
Bevölkerung.
Über alle Kriterien gemessen, hat Olten 2018 mit Rang 19 von 34 knapp unterdurchschnittlich
abgeschnitten. Verglichen mit 2006 schaffte Olten mit +0.70 Punkten (die Punktezahl 1–6
entspricht Schulnoten) «bemerkenswerte Fortschritte über alle 12 Jahre», wie Pro Velo in
ihrem Schlussbericht festhält.
Parallel zur Online–Befragung wurde eine repräsentative Telefonbefragung in 6 ausgewählten
Städten durchgeführt. Demnach fahren selbst in den erfolgreichen Städten Basel, Bern und
Burgdorf rund 45% der Befragten nie Velo, in Lausanne 67% der Befragten. Die Zunahme an
E–Velos (im Durchschnitt der gemessenen Städte aktuell rund 16% aller Zweiräder) sind
grossmehrheitlich Umsteiger vom Biorad aufs Elektrovelo, weniger Neulenker wie bspw.
Umsteiger vom ÖV aufs Velo.
Pro Velo kommt insgesamt zum Schluss, dass es zur weiteren Förderung des Veloverkehrs
gesamtschweizerisch resp. in allen untersuchten Städten kontinuierlicher Massnahmen
bedarf, um den Stellenwert des Velos aufrechtzuerhalten respektive zu festigen. Personen,
die sich vom Velo abwenden oder gar nicht erst velofahren können, müssten bspw. in den
Schulen adressiert werden, um wieder mehr Personen zur Nutzung des Velos zu bewegen.
Die Stadt Olten ist in diesem Bereich als Trägerstadt von so!mobil, seit Jahren und auf vielen
Ebenen im Mobilitätsmanagement aktiv.
Gemäss einem Bericht des Bundesamts für Strassen «Marketingansatz im Fuss– und
Veloverkehr» (SVI 2001/504, Juli 2007) führen Einzelmassnahmen, wie sie in der Regel
realisiert werden, zu keiner spürbaren Änderung des Mobilitätsverhaltens. Wirksamer seien
Massnahmenpakete, die einen Systemnutzen (Synergien zwischen Einzelmassnahmen)
bringen, sowie zielgruppenspezifische und marketingunterstützte Angebote. Bekannt ist auch,
dass Massnahmen zum Ausbau der Veloinfrastruktur v.a. dann greifen, wenn sie eine
Netzwirkung haben und im Idealfall neue zielgruppenspezifische Angebote geschaffen
werden, bspw. eine neue, durchgängige Verbindung von Punkt A zur neuen Velostation am
Bahnhofplatz. Entsprechende Projekte werden mit nbo, dem Baustein Ruderclub, der
Attraktivierung Ländiweg und anderen, im Agglomerationsprogramm enthaltenen
Massnahmen verfolgt. Solche Massnahmen sind kosten- und zeitintensiv, entsprechende
Fortschritte und Wirkungen können nur über entsprechend längere Zeiträume gemessen
werden.
Die Stadt Olten verfügt über ein Fuss- und Veloverkehrskonzept aus dem Jahr 2009. Der
Mobilitätsplan liegt vor. Die Ortsplanung steht bevor; Phase 1 kommunales Leitbild wurde im
2. Semester 2020 gestartet. Der Stellenwert des Velos muss in diesem Rahmen diskutiert und
entsprechende Massnahmen müssen abgeleitet werden. Die erwähnten Grundlagen könnten
zu einem «Masterplan Velo» weiterentwickelt, verdichtet werden.
Die Stadt Olten war Partnerstadt 2019-2020 für die Studiengänge der Raum- und
Verkehrsplanung an der Hochschule Rapperswil. Die besten Arbeiten werden demnächst in
Olten öffentlich präsentiert. Die Direktion Bau durfte die Aufgabenstellungen/Themen
definieren. So sind u.a. zehn Gruppenarbeiten zum Thema «Masterplan Velo» entstanden.
Ein Ausbau der Veloinfrastruktur ist jedoch kostenintensiv und bedingt planerische
Vorlaufzeiten. Das Thema ist wie erwähnt Gegenstand der Ortsplanung. Parallel dazu wird
sich die Direktion Bau weitere Gedanken machen, wie die Velofreundlichkeit in der Stadt Olten
weiter gesteigert werden kann.
Aufgrund der vorstehenden Erwägungen empfiehlt der Stadtrat dem Gemeindeparlament, den
Vorstoss vor dem Hintergrund der laufenden Ortsplanrevision für erheblich zu erklären.